von Werner Sticht
Die Theologie des Desmond Tutu
Desmond Tutu, der berühmte anglikanische Bischof
von Südafrika, hat eine neue, zutiefst menschenfreundliche Theologie
entwickelt.
Anhand einer kapitelweisen Inhaltsangabe seines Buches Der Mensch ist da,
um gut zu sein möchte ich Tutus Theologie im Folgenden etwas ausleuchten.
Auf seine Beispiele zum Widerstand gegen das Unrecht der Apartheid im früheren
Südafrika habe ich weitgehend verzichtet.
Heute ist anderes Unrecht anzuprangern.
Siehe auch Tutus Homepage.
Zusammenfassung
Nach Tutus Lehre liebt Gott die Menschen bedingungslos. Selbst durch die
übelsten Taten kann man seiner Liebe nicht entgehen. Er will den Übeltäter
immer zurückholen und nie bestrafen. Einen Teufel oder eine Hölle tut Gott
seinen geliebten Geschöpfen nicht an.
Gott atmet durch jeden einzelnen von uns. Er sieht durch die Augen jedes
einzelnen Menschen.
Wenn ein Mensch einen anderen quält, so sieht und fühlt Gott das Leid des
Gequälten. Er fühlt aber auch den Hass und sieht die Untat durch die Augen des
Peinigers. Und Gott ist sehr traurig. Er will, dass wir gut miteinander
auskommen und dass wir uns am Leben freuen.
Gott ist verlässlich. Er beachtet die Naturgesetze und die Evolution. Er
achtet immer auf die gesamte Schöpfung, und damit auch auf die gesamte Umwelt.
Er betrachtet die Schöpfung nicht aus dem Zeitfenster eines Lebens. Sein
Zeitfenster ist die Ewigkeit.
In der Evolution gehört Leid zur Natur, und Gott fordert uns auf, das Leid
zu mildern, etwa durch die Wissenschaft und die Medizin.
Gott hat uns einen freien Willen gegeben.
Wir dürfen uns von ihm abwenden. Wir dürfen sündigen.
Aber Gott setzt alles daran, dass wir wieder zu ihm, zum Guten, zurück kommen.
Das ist seine langfristige Strategie, die in seinem Zeitraum der Ewigkeit am
Erfolg-versprechendsten ist.
Wenn ein Mensch einem anderen Unrecht tut, sind beide nicht mehr im
Normalzustand des Guten. Sie müssen beide heim zu Gott finden.
Der Täter sollte das Unrecht eingestehen, das Unglück zur Kenntnis nehmen und
um Verzeihung bitten. Das Opfer sollte verzeihen - es wird dann wieder frei.
Tutu ist überzeugt, dass wir in der Ruhe eines stillen Gebets sogar
die Stimme Gottes hören können.
Gott kann uns sogar rufen.
Für Gott sind die Menschen nicht Sünder, sondern Heilige, die noch mit Gottes
Augen sehen lernen sollen.
Warum sich durch das Gute alles ändert
Im ersten Kapitel erzählt uns Desmond Tutu, wie er einige ganz barbarische
Grausamkeiten erlebte, die Menschen anderen Menschen zugefügt haben.
Aber diese Taten sind nicht die ganze Geschichte der Menschen. Es sind
Verirrungen, die die Presse gerne aufgreift.
Das Gute dagegen ist die Norm menschlichen Verhaltens.
Wir erfreuen uns am Guten - wenn wir es geben und wenn wir es annehmen.
Das Gute verbessert unsere Lebensqualität.
Es verändert unser Leben und unsere Welt.
Wir sind als Ebenbild Gottes geschaffen. Wir sind wie er mit der Kreativität
ausgestattet, die wir für gute, aber auch für böse Zwecke einsetzen können.
Ein Künstler kann Wohnungen dekorieren, aber auch Banknoten fälschen.
Gott gibt uns die Freiheit, wie gute Eltern ihren Kindern Freiheit geben.
Er freut sich mit den Menschen, wenn sie sich freuen. Er leidet mit ihnen, wenn
sie unglücklich sind. Er leidet aber auch dann, wenn sie Böses getan haben -
etwa wie ein Vater, der von Schandtaten seiner Kinder erfährt.
Wir sind wie Gott geschaffen, und was weniger als Gott ist, genügt uns nicht.
Dieses Sehnen nach ihm versuchen wir durch materielle Dinge zu betäuben.
Wir suchen seinen Rat, aber wir verstehen seine Sprache nicht mehr.
Wir sind Gemeinschaftswesen. Allein können wir nicht überleben. Unsere
Überlebensstrategie ist nicht nur Kämpfen oder Fliehen. Stattdessen können wir
uns auch kümmern und anfreunden.
Der Faden der Fürsorge, der Instinkt, gut zu sein, ist in unser Sein
eingewoben. Wir können den Faden zerreißen.
Aber weil wir menschlich sind, können wir den Faden der Göttlichkeit nicht
völlig herausreißen.
Wir sind wie Gott gemacht. Wir sind da, um gut zu sein.
Kommentar:
Gott atmet in deinem Atem. Er ist immer da und immer ansprechbar. Er liebt dich,
denn du bist sein Kind. Er hat dich gemacht, um gut zu sein -
gut wie er es selbst ist.
Hört auf, "gut zu sein"
Wie ein Neugeborenes von seinen Eltern bedingungslos geliebt wird, so werden
auch wir alle von Gott bedingungslos geliebt.
Wir müssen uns nicht anstrengen, seine Liebe zu verdienen.
Er hat sie uns bereits geschenkt.
Leider sind wir durch die Leistungsgesellschaft irregeführt, dass wir Gott
beeindrucken müssten. Wir sind von einem Dämon der Versagensangst besessen,
der uns Perfektion abfordert.
Aber Gott will keinen Zwang. Wir sollen nicht zwanghaft gut sein wollen.
Wir brauchen Gott für seine vollkommene Liebe nichts zurückgeben.
Wir können aber auch nichts dagegen tun, von ihm dennoch bedingungslos geliebt
zu werden.
Desmond Tutu zeigt uns Beispiele von Gottes vollkommener Liebe.
Sie liegt im Regen, der auf unseren Garten fällt, egal ob wir es verdienen
oder nicht.
Sie liegt im Sonnenschein, mit dem wir beschenkt werden, obwohl wir
ein schweres Gewitter verdient hätten.
Sie liegt in der Schönheit der Natur, in der Freundlichkeit Fremder und im
Lachen der Kinder.
Sie liegt in den Hunderten kleiner Glücksmomente, die wir erleben dürfen,
obwohl wir nichts dafür getan haben und sie nicht verdienen.
Desmond Tutu zählt auch eine Liste von Beispielen vollkommener Liebe auf, die
Menschen gegeben haben. Mutter Teresa ist dabei.
Vollkommene Liebe ist keine Emotion; sie ist nicht was wir fühlen.
Sie ist, was wir tun.
Vollkommene Liebe ist ein Handeln, das nicht von Eigennutz geprägt ist und sich
nicht dafür interessiert, ob sie verdient oder unverdient gegeben wird.
Sie verschenkt sich aus Freude am Schenken. Sie ist Freude.
Kommentar:
Gott liebt uns, ob wir wollen oder nicht. Wir können auch nichts tun,
um von ihm weniger oder gar nicht geliebt zu werden.
Einladung zur Ganzheit
"Ihr sollt vollkommen sein wie Euer Vater im Himmel"
(Mt5,48) sagt Jesus.
Dass wir nun auch noch vollkommen sein sollen, scheint die Aussicht auf ein
gottgefälliges Leben vollends ins Unerreichbare zu verbannen.
Aber Gott will keine Perfektion. Er will nicht das ideale Haus, das größte
Bankkonto, das perfekte Aussehen, die makellosen Leistungen unseres
unablässigen Konkurrenzkampfes.
Gottes Aufforderung, vollkommen zu sein, ist vielmehr ein Angebot, das Leben
spendet und Freude schafft.
Es ist nicht Makellosigkeit sondern Ganzheit.
Ein Leben, das sich mit den Worten "ich", "mich" und "mein" komplett
beschreiben lässt, mag vielleicht makellos scheinen, aber es ist kein Leben
in göttlicher Vollkommenheit.
Gottes Einladung zur Vollkommenheit ist die Aufforderung zu einem wirklich
guten Leben. Wir sollen zusammen gedeihen.
Gottes Ganzheit schließt immer mehr ein als uns selbst. Er denkt an die
ganze Schöpfung, an alle Menschen, an die Umwelt, und er weiß um die
Gefahren.
In einem Leben, das ganzheitlich oder in göttlicher Vollkommenheit gelebt wird,
sind wir immer noch mit Tod, Trauer und Schmerz konfrontiert. Wir ertragen
Fehlschläge und lernen unsere Fehler kennen.
Aber diese Mängel und verwundbaren Stellen können die Brücke zu
menschlicher Gemeinschaft und eine Beziehung zum Göttlichen sein.
Gott lädt uns ein, uns in unserem eigenen Leben zu Hause zu fühlen.
Hier brauchen wir keine List, uns selbst gut darzustellen.
Wir können ein Leben der Schönheit schaffen, in dem trotzdem Raum ist
für Mängel und Fehlschläge, die ein unvermeidlicher Bestandteil aller
menschlichen Erfahrung sind.
Immer können wir Wärme, Freundlichkeit, Herzlichkeit unseren Mitmenschen
anbieten. In jedem Augenblick können wir Freude schaffen.
Kommentar:
Wir müssen nicht einer angstgetriebenen Vorstellung von Makellosigkeit gerecht
werden. Gott will Frieden in seiner gesamten Schöpfung.
Entscheidungsfreiheit
Wir haben die Freiheit, uns für das Gute oder das Böse zu entscheiden.
Könnten wir uns nur für das Gute entscheiden, wären wir Marionetten.
Gott hat großen Respekt vor unserer Freiheit. Deshalb schickt er keinen Engel
mit flammenden Schwert, wenn Menschen wieder schweres Unrecht getan haben.
Auch wenn wir uns für das Böse entscheiden, ist uns Gott immer noch so nah wie
unser Atem. Er liebt uns und will, dass wir den Weg des Guten einschlagen.
Aber er will es auf eine Weise, die unsere Autonomie nicht beeinträchtigt.
Tutu zeigt uns Gottes Wirken am Gleichnis vom verlorenen Sohn und am Gleichnis
vom guten Hirten.
Tutu sagt, Gott ist allmächtig, aber seine Macht ist keine, die alles
überwältigt. Sie macht sich radikal verwundbar. Sie wartet auf die Rückkehr
des verlorenen Sohns und sucht das verlorene Schaf. Ja sie opfert sogar
ihr Leben.
Gott hilft uns. Er sendet uns Propheten. Sie sind wie der Hirte,
der das verlorene Schaf sucht. Heute warnen sie vor Umweltzerstörung,
globaler Erwärmung, vor Missachtung der Menschenrechte und vor den vielen
gemachten Kriegen. Die Propheten mahnen, zur Ganzheit umzukehren.
Aber es ist doch so scheinbar einfach, das Falsche zu wählen. Insbesondere
dann, wenn wenn es in einer Zukunft wirkt, in der wir nicht mehr da sind.
Das Falsche liefert oft eine augenblickliche Befriedigung. Aber es erfordert
immer und immer wieder eine falsche Rechtfertigung - immer wieder Mühen dieses
Falsche zu verteidigen.
Wenn wir jedoch das Gute tun, fügen wir dem menschlichen Vorrat an guten Taten
etwas hinzu. Es wird allen Menschen nützen - gleichgültig, ob dieses
Tun uns selbst betrifft, die Familie, die Gemeinschaft oder den Planeten.
Wenn wir wirklich frei sind, handeln wir, um Freude zu bereiten, nicht
aus Furcht, jemandes Gunst zu verlieren. Wenn die Gewohnheit, das Richtige zu
wählen, durch Liebe motiviert ist, geht sie in Fleisch und Blut über.
Sie prägt sich in unser Wesen ein. Dann wirkt das Unrecht nur noch abstoßend,
wie zweckdienlich es auch erscheinen mag.
Das Gute erfordert aber auch Wachsamkeit. In unserer Gesellschaft wird
es gerne gesehen, wenn wir wie im Halbschlaf durchs Leben gehen.
Wir werden ermutigt, Entscheidungen automatisch und nicht bewusst zu treffen.
Deshalb entscheiden wir uns manchmal - wenn auch nicht aktiv - für das Falsche.
Aber weil wir eben nicht aktiv das Richtige wählen, schlittern wir unmerklich
in das Unrecht hinein.
Kommentar:
Was Tutu mit dem "menschlichen Vorrat an guten Taten" meint, ist eigentlich
unsere christlich-abendländische Kultur. Sie ist auch unser Wohlstand.
Man denke nur an Heilige, wie
Basilius,
Franziskus,
Elisabeth oder auch an Menschen wie
Henry Dunant,
Florence Nightingale,
Bertha Suttner.
Die Gewohnheiten des Unrechts
Weil wir geschaffen sind, um gut zu sein, haben wir einen Instinkt, das
Richtige zu tun. Dieser Instinkt, muss erst zersetzt werden, damit wir uns
erlauben, Unrecht zu tun.
Als Beispiele nennt uns Tutu die Rhetorik der Nazis, die Propaganda des
Apartheidregimes und die Agitation zum Völkermord in Ruanda.
Jene Menschen, die als Feinde bezeichnet werden sollen, werden zuerst als
"die Anderen" ausgegrenzt.
Das Bild dieser Anderen wird immer mehr verzerrt.
Dann werden die Unterschiede so definiert, dass die Anderen "weniger wert" oder
"schlechter" sind. Zuerst werden sie mit Tieren verglichen, dann mit
Raubtieren. Am Ende sind sie Ungeziefer, das vernichtet werden muss.
Das Böse steht damit eindeutig im Gegensatz zur Schöpfung. Wenn das nicht so
wäre, müssten die Täter nicht nach Rechtfertigungen für ihre Untaten suchen.
Das Böse ist keineswegs eine Flutwelle, die über uns hereinbricht. Vielmehr
sickert das Böse still und leise ein, Tropfen für Tropfen, bis die Erde
überflutet ist.
Das Böse erfordert viel Planung und Arbeit. Viele Verdrehungen der Wahrheit
müssen immer wieder vorgetragen werden. Diese Verdrehungen öffnen dann das
Tor für das nächste Übel und bereiten schließlich die Bühne für die finale
Lawine des Verderbens.
Die Entscheidung für den falschen Weg ergibt sich aus einer Kette kleiner
Entscheidungen. Kleine Fehler verfestigen sich durch Wiederholung. Wenn sie
nicht im Zaum gehalten werden, bahnen sie den Weg für die ganze Bösartigkeit,
zu der wir als Menschen fähig sind.
Gegen die Mechanismen des Bösen müssen wir uns selbst schützen. Jeder Einzelne
sollte sich fragen beim Umgang mit Anderen
- "War es freundlich?" und
- "Wenn es nicht freundlich war, war es notwendig?"
Wenn wir anderen Schmerz zugefügt haben, sollten wir um Verzeihung bitten.
Denn Entschuldigung und Vergebung durchbrechen den Würgegriff des Bösen.
Die Praktiken des Guten sind aktives Zuhören, Achtsamkeit, innere Ruhe
und Dankbarkeit. Wir müssen dem Gegenüber konzentriert zuhören können, seine
Rede ernst nehmen, und über seine Probleme nachdenken können.
Darüber hinaus dürfen wir noch dankbar sein für die Freuden des Lebens, die
wir - nach Gottes Wunsch - auch genießen sollen.
Aufgeben sollten wir die Gewohnheiten, die dem Unrecht erlauben sich
festzusetzen. Es sind dies:
Gedankenlosigkeit und Abschalten, Unaufmerksamkeit, Geschäftigkeit, die der
Zerstreuung dient, und ein undankbares Herz.
Kommentar:
Manchmal hört man angesichts des Unrechts in der Welt den Satz:
"Was können wir schon dagegen tun."
Die Antworten sind die Praktiken des Guten: Achtsamkeit gegenüber den Anderen,
ihnen Freude schenken, selbst dankbar sein, helfen.
Aber auch : Dem Bösen einen Namen geben.
Wo ist Gott, wenn wir leiden?
Der stets vergebende Gott ist Zuflucht für uns, wenn wir Böses getan haben.
Doch dieser Gott wird zum Problem, wenn uns jemand in Angst und Schrecken
versetzt oder körperlichen Schaden zufügt. Dann fragen wir, warum der
allmächtige Gott so ohnmächtig im Angesicht des Bösen ist, und uns leiden
lässt.
Warum lässt er die Menschen nicht bereuen, die uns Schmerz zugefügt haben.
Er könnte eingreifen. Aber wann würde er dann eingreifen und wann nicht.
Wir könnten uns nicht mehr auf ihn verlassen. Aber Gott beachtet die
Naturgesetze. Gerade deshalb ist er verlässlich.
Es ist kaum verständlich, Gottes Ehrfurcht vor der Autonomie des Menschen zu
akzeptieren, wenn wir die Opfer sind. Unverständlich - ja unerträglich - ist es
auch, die Übeltäter mit den Augen Gottes zu sehen und darauf zu vertrauen,
dass auch diese Täter einen guten Kern haben.
Es mag Jahrzehnte dauern, bis sich Gottes Gerechtigkeit durchsetzt. Auch
Gewaltherrscher und ihre Mittäter sterben einmal. Irgend ein kleiner Protest
wird einmal das Fass ihrer Brutalitäten zum Überlaufen bringen und sie hinweg
schwemmen.
Ein anderer Ort des menschlichen Leidens ist eine Sterbeklinik.
Wir können selbst betroffen sein, weil wir an einer tödlichen Krankheit leiden.
Wir können aber auch leiden, weil ein geliebter Mensch uns verlassen wird.
Gott steht dabei nicht abseits. Warum wir leiden, ist ihm nicht wichtig.
Er will nur, dass wir geheilt werden und nicht leiden.
Das Leiden gehört zum menschlichen Dasein. Es hält auch keine Gaben für
die Opfer bereit. Aber es kann Mitgefühl bei Anderen auslösen.
Dieses können wir dem Leidenden anbieten. Das Mitgefühl kann uns schließlich
ermutigen, zusammen mit anderen Menschen daran zu arbeiten, genau diese Leiden
zu lindern und zu beenden.
Was immer wir erleiden, der Gott, der die Ewigkeit sieht, steht immer mit uns
im Zentrum des Leidens. Ob wir nun wegen eines besseren Lebens oder aus
Mitgefühl leiden, Gott steht uns bei. Sogar wenn wir an unserem Schmerz selbst
schuld sind, lässt er uns damit nicht allein.
Kommentar:
Gott straft nicht. Statt dessen fühlt und leidet er mit uns, da er auch in
uns ist.
Wenn uns ein Anderer Leid zufügt, so sieht Gott auch durch die Augen des
Peinigers. Und Gott leidet nochmals, wie ein guter Vater es tut, wenn er von
den Untaten seines bösen Kindes erfährt.
Eine tödliche Krankheit sieht Tutu nicht als Strafe an, sondern als eine
Herausforderung an die Menschheit, diese Krankheit zu heilen.
Deshalb gibt es beispielsweise die Wissenschaft der Medizin.
Wo ist Gott, wenn wir scheitern?
Sehr beliebt sind die Märchen vom Selfmade Man, etwa mit dem Titel "Vom
Tellerwäscher zum Millionär". Viele wollen auf ähnliche Art vorwärts kommen.
Und alle scheitern. Im Märchen aber kommt das Scheitern nicht vor.
Nehmen wir als Beispiel für das Scheitern einmal Jesus her. Er hat seine Lehre
verkündet und wurde dann bestialisch gekreuzigt. Sein Tod war das absolute
Scheitern seiner Lehre. Sogar seine Freunde ließen ihn in Stich - Petrus wollte
ihn gar nicht gekannt haben. Judas hat sich sogar aufgehängt.
Als Jesus dann als Auferstandener zu seinen Freunden zurück kam - was mussten
die sich geschämt haben, weil sie einfach so davongelaufen waren.
Das war dann deren Scheitern.
Menschen schämen sich möglicherweise für die Verfehlungen und Enttäuschungen,
die sie zu verantworten haben. Sie weisen Schuld zu, wenn sie ihre Misserfolge
nicht selbst zu verantworten haben.
Aber Gottes Wege sind anders. Er weist keine Schuld zu.
Sein Zeitmaß ist die Ewigkeit.
Manchmal betrachten wir etwas als Misserfolg, wenn Gott etwas ganz anderes
darin sieht.
Scheitern ist ein ganz normaler Vorgang im Leben.
Scheitern ist auch eine Begleiterscheinung auf dem Weg zum Guten.
Es ist eine Chance, Gott nahe zu kommen. Denn nach einem Scheitern müssen wir
uns neu orientieren.
Wir sollten jedenfalls unsere persönlichen Erfolge oder Fehlschläge nicht zu
hoch bewerten.
Der uneigennützige Einsatz für das Gute wird sich am Ende sowieso immer
positiv auswirken für Alle.
Unsere christlich-abendländischen
Kultur ist ein Beispiel dafür. Sie hat sich über Jahrhunderte immer
mehr gegen das Böse durchgesetzt.
Kommentar:
Einer, der Jesus nicht kannte, der Apostel Paulus, griff die Lehre Jesu auf.
Er machte Jesus zum "Herrn". Und er verbreitete die neue Lehre, bis auch er
scheiterte und geköpft wurde. Das Gute breitete sich trotzdem aus.
Tutu nennt Beispiele des Scheiterns aus Biografien in Südafrika unter dem
Terror der Apartheid. Er feiert aber auch den Sieg des Guten am Ende.
Warum lässt Gott uns sündigen?
Tutu beginnt mit einem Ausschnitt aus Psalm 58,7f.
"O Gott, schlage ihnen die Zähne ein! Brich diesen Löwen das Gebiss aus, Herr!"
So mag einer beten, dem schweres Unrecht oder schweres Leid zugefügt wurde.
Menschen würden in dieser Not sich einen strafenden Gott wünschen.
(Anmerkung: So kann aber auch einer beten, der Gott für seine bösen Daten
einspannen will und anderen Krieg, Landraub oder gar Völkermord antun will.)
Aber Gott ist nicht der anklagende Staatsanwalt, sondern auch Anwalt des
Angeklagten oder gar der liebenden Mutter des Missetäters.
Jesus ging zu den Sündern
(Lk5,30-32,
Mk2,17).
Er ist der gute Hirte, der 99 brave Schafe zurücklässt, um das eine
verlorene wieder zu finden
(Lk15,1-7,
Mt18,12-13).
Er treibt ein riskantes Spiel, denn von den 99 braven Schafen
könnten weitere weglaufen.
Dass Gott sich besonders um die Sünder kümmert, untergräbt dann noch unsere
Vorstellung von Recht und Unrecht. Warum denn dann nicht Sünder sein?
Der Vorteil, wenn man recht handelt, besteht darin, dass es den erfreut,
der einen liebt. Es ist der Dank für die Liebe, die wir empfangen. Der Preis,
wenn man unrecht tut, wird von Gott als auch vom Täter oder Sünder bezahlt.
Für den Sünder ist der Preis die Entfremdung von Gott und von den Mitmenschen.
Die Sünde reißt zwischen ihm und allen Anderen einen Graben auf.
Denn Sünde bedeutet, sich von Gott - und damit vom Guten - zu entfernen.
Gottes Liebe zu den Menschen - und ganz speziell zu den Sündern - ist
so groß, dass er eine Hölle niemals zulassen könnte.
Tutu sagt, wir werden nicht durch die Furcht vor der Hölle in den Himmel
getrieben, sondern durch die Liebe Gottes in den Himmel gesogen.
Für ein rechtes Leben gibt uns Tutu noch einige Fragen, die wir uns selbst stellen sollten:
- Musstest Du so grob schimpfen?
- War diese Bemerkung wirklich nötig?
- Musstest Du so verurteilend sein?
- Was kostet es Dich zu lächeln?
- Nun sag schon, dass es Dir leid tut. Es wird Dir nicht weh tun.
- Was kostet es zu vergeben?
Heimkehr zum Guten
Unser Normalzustand, das Gute, ist nach Tutu vergleichbar mit dem mythischen
Garten Eden. Dieser Glückszustand kann durch vielerlei Ereignisse unterbrochen
werden.
Es mag ein Streit sein, ein Generationenkonflikt, eine Sünde gegen einen
anderen oder gar eine schwere Misshandlung.
Täter und Opfer sind danach nicht mehr im Normalzustand des Guten - nicht
mehr in Eden.
Beide müssen nun umkehren und sich auf die Heimreise machen.
Das ist insbesondere deshalb schwierig, weil Denkgewohnheiten uns von unserem
besseren Selbst abbringen.
Tutu gibt uns Hilfestellung:
- Der Täter sollte Unrecht eingestehen, das Unglück zur Kenntnis
nehmen.
- Täter und Opfer sollten das Erlebte anderen mitteilen.
- Der Täter sollte um Verzeihung bitten, das Opfer verzeihen.
- Die Beziehung sollte - wenn möglich - wieder normal werden.
Das ist für Täter wie Opfer gar nicht einfach.
Der Täter sollte sein Verhalten überdenken. (Überdenken : griechisch
metanoia; wird in der Theologie als "Buße" übersetzt.) Es fällt ihm schwer,
innezuhalten und zu bereuen. Er muss die Scherben der Beziehung aufsammeln.
Die Beziehung ist durch das zugefügte Leid beschädigt oder zerbrochen.
Er muss mit der Arbeit des Wiederaufbaus beginnen.
Täter werden oft von Albträumen gequält, in denen sie ihrer Untaten immer
wieder durchleben müssen.
Erst durch ein offenes Eingeständnis, dann durch ein Aussprechen der eigenen
Schuld und schließlich die Bitte um Verzeihung kann ihnen helfen.
Es kommt auch vor, dass wir selbst einen Fehler begangen haben, der uns immer
wieder nachgeht. Wir müssen uns dann selbst vergeben.
Das Opfer, dem Leid zugefügt wurde, muss verzeihen können, was ungemein
schwer ist.
Zuerst sollte der erlittene Schmerz in Worte gefasst werden.
Dadurch sammeln wir die Erinnerung an das, was wir getan und erlitten haben.
Wenn wir wieder erzählen, was uns geschehen ist, können wir durch die Zuhörer
geheilt werden.
Zuhören bedeutet, ein ausgesprochenes Leid des Opfers zu erkennen.
Das Opfer teilt uns sein Leid mit. Wie das Wort "mitteilen" schon sagt, nimmt
der Zuhörer einen Teil des Leids auf.
Das Mitgefühl des Zuhörers massiert die Knoten des Schmerzes aus der
Erinnerung.
Wenn Du einem Elternteil vergeben willst, so stelle ihn Dir als 5-jähriges
Kind vor und betrachte es mit Mitgefühl.
Vergebung ist keine Form des Vergessens, sondern vielmehr eine gründliche
Form des Erinnerns. Wir erinnern uns, dass wir schöpferische Wesen sind.
Wenn wir die Kraft zur Vergebung haben, sind wir keine Opfer mehr. Wir sind
Überlebende.
Wenn wir vergeben, nehmen wir die Macht zu befreien in Anspruch.
Die Menschen, die uns Schaden zugefügt haben, sind uns nicht mehr verpflichtet,
und wir sind nicht mehr mit ihnen verbunden.
Wir nehmen unser Gedächtnis wieder in Besitz.
Gottes Stimme hören
Wenn wir beten, so hört uns Gott. Wir beten immer richtig, und es gefällt Gott.
Der Geist Gottes hilft uns dabei (Röm8,26). Wir dürfen Gott im Gebet auch beschimpfen.
Wir können jederzeit beten und Gott unsere Anliegen vortragen.
Tutu empfielt ein kurzes Gebet, wenn wir eine Tätigkeit wechseln.
Wir kommen aus einer Anspannung wieder herunter.
Kleine Dankgebete erinnern uns daran, was uns Gutes widerfahren ist.
Andere kleine Gebete sind Hilferufe mit der Hoffnung auf gutes Gelingen.
Sie können aber auch eine eigene Zielvorgabe sein, etwa wie der Satz:
Mögen wir ein Segen sein für die Menschen denen wir begegnen, und mögen sie
ein Segen für uns sein.
Um jedoch Gottes Stimme zu hören, empfiehlt Tutu eine tiefergehende
Gebetspraxis.
Im Alltag dröhnen die Stimmen von Freunden, Chefs, Familienmitgliedern wie
von einer Schallplatte dauernd auf uns ein. Unsere Hoffnungen und Freuden,
unsere Wut und unsere Ängste machen gehörigen Lärm.
Aber inmitten dieses Getöses ist eine ruhige Stimme, die uns zum Guten führt.
Die Stimme Gottes ist bejahend. Sie macht uns nicht klein oder verächtlich.
Sie will das Leben verbessern. Sie spricht für das Leben.
Die Stimme Gottes spricht für das Gute.
Um diese leise Stimme zu verstehen, müssen wir selbst zur Ruhe kommen.
Dazu empfiehlt Tutu eine ruhige Umgebung, ein Konzentrieren auf den eigenen
Atem, ein übliches ruhiges Gebet als Einstimmung.
Es kann wie ein Mantra gesprochen werden.
Wenn wir zur Ruhe gekommen sind, können wir Gott in der Stille unsere Situation
darlegen und auf seine Antwort lauschen.
Wir können diese Gebetspraxis üben, um seine Stimme immer besser zu hören und
zu verstehen.
Es kann aber auch geschehen, dass Gott uns unerwartet ruft. Durch eine
unerwartete oder auch eine verpasste Chance kann Gott unsere Aufmerksamkeit
umlenken. Eine gelungene Entscheidung, ein unwiderstehlicher Drang, eine Idee,
die uns nicht mehr loslässt, können Wege sein, durch die Gott zu uns spricht.
Die beschriebene Gebetspraxis hilft uns dann, unter den vielen Stimmen,
die wir jeden Tag hören, Gottes Stimme und auch Gottes Entscheidung
herauszufinden.
Tutu sagt: Wenn wir beten, geschehen Zufälle.
Zum Thema habe ich noch einen weiteren Artikel geschieben.
Mit Gottes Augen sehen
Die Menschen haben Entscheidungsfreiheit. Sie können sich von Gott entfernen
und sündigen. Der Grund dafür ist in vielen Fällen Angst. Das kann eine Angst
sein vor einem möglichen Scheitern, eine Angst vor einer Notlage, die Angst
vor einem drohenden Verlust. Wer seine Angst benennt, der kann sich selbst
helfen oder dem können andere helfen.
Gott hat die Menschen nach seinem Bilde geschaffen. Er kennt ihre Ängste.
Doch er liebt die Menschen bedingungslos.
Immer sieht er jeden einzelnen Menschen wie eine Mutter ihr Neugeborenes, wie
mit dem Blick zwischen Liebenden in zärtlicher Umarmung.
Diesen Blick Gottes können wir uns vorstellen und dann auch erfahren.
Er nimmt uns an, so wie wir sind. Mit all unseren Schwächen und Grenzen liebt
er uns. Er hat uns ja auch so gemacht.
Was passiert, wenn wir die, die wir für Feinde halten, mit Gottes Blick sehen?
Betrachten wir Zuhälter, Prostituierte, Drogenhändler, Häftlinge,
Geisteskranke, Asylanten, Terroristen, Rassisten, Schwulenhasser,
Drogensüchtige und Obdachlose.
Sie alle hat Gott in seinem liebevollen Blick. Er liebt sie alle.
Wenn wir wirklich Augen hätten zu sehen, würden wir Gott in ihnen
sehen.
Mit Gottes Augen sehen wir
- unsere Feinde, wie sie sind.
Sie mögen ein Bündel sein von unfassbaren Verletzungen und Hass.
Sie sind aber auch Menschen, Ebenbilder Gottes, die hoffen, lieben, lachen,
bluten und weinen.
- unsere Kinder mit ihren Fehlern,
vergessenen Hausaufgaben und vernachlässigten Pflichten.
Wir sehen sie aber auch als wunderbare Geschenke für uns, Schatzmeister
göttlicher Vorstellungskraft, Lehrmeister auf unserem Weg zu Gott.
- uns selbst, mit all unserem Stolz,
unseren Mängeln, mit all unseren Grenzen und unseren Vorurteilen.
Und wir können uns sehen - nicht als Sünder, die gerettet werden müssen,
sondern als Heilige, die noch mit Gottes Augen sehen lernen
müssen.
Wir sind Gott kostbar - die Krone der Schöpfung. Wir sind schön.
Wir sind gut.
Mein Kommentar
Hier schreibe ich meinen ganz persönlichen Kommentar zu Tutus Theologie.
Gott hören
Nach Tutu atmet Gott durch jeden einzelnen Menschen. Er sieht durch die Augen
jedes Menschen. Wenn ein Mensch einen anderen misshandelt, sieht er das durch
die Augen des Täters und auch durch die Augen des Opfers.
Gott erfasst dadurch weit mehr Informationen als die heutige
GAFA (eine Abkürzung für Google Apple Facebook Amazon zu
denen man aber noch Microsoft und Akamai zählen sollte).
Den Menschen gibt Gott aber nur recht wenig Informationen zurück. Nur da und
dort lässt er den einen oder anderen Menschen in seinem Sinn tätig werden.
Wer Informationen von Tutus Gott bekommen will, kann ja versuchen,
Gottes Stimme zu hören. Manche Menschen haben solche Stimmen
ja gehört.
Der Prophet Mohammed etwa, erkannte in einer Vision,
"Der Dieb und die Diebin - schneidet ihnen die Hände ab ..." (Sure5,38).
Ebenso hatten manche Autoren des Alten Testaments von ihrem Gott Visionen, die
mit Gerechtigkeit, Menschenwürde und Menschlichkeit kaum mehr etwas zu tun
haben. Ein besonders anstößiges Beispiel ist die
Ausrottung der Amalekiter
(1Sam15).
(Siehe auch hier.)
Anscheinend sind die Anweisungen
Gottes stark abhängig vom gerade aktuellen
Zeitgeist und vom aktuellen
Gottesbild des Schauenden.
Du brauchst keine Angst haben vor Gott oder Teufel
Tutus Gott liebt alle seine Geschöpfe, auch den Menschen. Besonders kümmert er
sich um die Sünder, die er nicht straft, sondern zu sich zurückzuholen bemüht.
Einen Teufel und eine Hölle mutet er seinen geliebten Geschöpfen nicht zu.
Den theologischen
Angstmachern (im Link dem Kirchenvater Tertullian) zeigt Tutu rote
Karte.
Der Teufel hat seinen Schrecken verloren. Früher sagte Paulus "Tod, wo ist dein
Stachel". Mit Tutu wird daraus "Teufel, wo ist deine Hölle".
Allein deswegen ein Gläubiger zu sein - nur um für sich zu vermeiden, nach dem
Tode in die Hölle zu kommen - das ist kein echter Glaube.
Tutu führt die Religion zurück zum Menschen.
Er nimmt den kirchlichen Geschäftemachern ihr Geschäftsmodell weg.
Die Gläubigen sollen wieder seelischen Beistand bekommen und nicht irgendwelche
zweifelhaften "Prediger" reich machen.
Viele Evangelikale, etwa jene die sogar die Todestrafe für
gerechtfertigt halten, passen damit auch nicht zu Tutus liebenden Gott.
Der Sinn des Lebens
Auch bei einer anderen theologischen Spitzfindigkeit zum
Sinn des Lebens hat Tutu aufgeräumt.
Manche Theologen verbreiten die Ansicht, Gott habe jedes Lebewesen zu einem
bestimmten Sinn und Zweck geschaffen.
Damit habe jeder einzelne Mensch eine von Gott genau vorherbestimmte Aufgabe.
Jedes Wesen, ob Tier oder Pflanze, habe so seine Bestimmung.
Wenn man diese Theologen dann nach dem unterschiedlichen Lebenssinn zweier
Fliegen - beispielsweise auf der Kuh Elsa - befragt, so flüchten sie gerne
in die "Unfähigkeit des Menschen, Gottes Denken zu ergründen".
Man kann ja weiter fragen, wie sich der Sinn des Lebens des Darmbakteriums A
von dem des Darmbakteriums B in der Kuh Elsa unterscheidet.
In der Kuh Elsa leben ja Milliarden davon.
Aber Tutu räumt mit solchen Spitzfindigkeiten auf. Er vereinfacht.
Tutu sagt, Gott habe die Menschen geschaffen, dass sie ihn erfreuen und
dass sie sich selbst - allein und gegenseitig - erfreuen.
Jeder Mensch ist für Gott unendlich kostbar. Gott liebt ihn bedingungslos.
Jeder Mensch ist ein Tempel für Gott. Gott atmet durch den Atem jedes
Menschen.
Jeder Mensch ist ein Stellvertreter Gottes auf Erden.
Jeder Mensch sitzt zur Rechten Gottes im Himmel.
Das Leben bekommt damit einen wirklich schönen Sinn.
Weitere Anmerkung
Die vollständige Literaturangabe zum Buch lautet
Desmond M. Tutu and Mpho A. Tutu: Made for Goodness:
And Why This Makes All the Difference. New York.
Deutsche Ausgabe: Desmond M. Tutu und Mpho A. Tutu:
Der Mensch ist da, um gut zu sein. München 2010.
Tutu hat noch mehrere andere Bücher geschrieben.
Eines davon möchte ich hier nennen:
Desmond Tutu: God Has a Dream. New York.
Deutsche Ausgabe : Desmond Tutu: Gott hat einen Traum.
Kreuzlingen/München 2004.
Dieses Buch setzt voraus, dass man an Gott glaubt. Die Kapitelnamen sind
ähnlich wie im Buch "Der Mensch ist da, um gut zu sein". Nur werden jetzt
in den Kapiteln auch weiter gehende Gedanken hinzu gefügt.
Von den Gedanken und Hinweisen aus dem Buch Gott hat einen Traum möchte
ich hier einige kommentieren.
- In unserer Gesellschaft genießt der Starke, Große und Erfolgreiche eine
besondere Stellung. Oftmals wird in unserer Gesellschaft deshalb versucht,
durch Prüfungen herauszufinden, wer am besten eine vorgegebene Aufgabe
möglichst fehlerfrei und flott bearbeiten kann. Folglich versuchen viele
Menschen in Prüfungen gute Bewertungen zu bekommen und damit zu den
Erfolgreichen
zu gehören.
Wenn diese Menschen dann einmal versagen, wenn sie etwa nur mittelmäßig sind,
so folgt eine depressive Verstimmung.
Solche Menschen meinen, sie müssten sich anstrengen, um von Gott mehr geliebt
zu werden als andere. Aber bei Gott ist es anders. Er liebt Dich genau so,
wenn Du erfolgreich bist oder wenn Du versagst. Du musst Dich nicht anstrengen,
um von ihm geliebt zu werden. Er strengt sich sogar an, dass Du in dieser Lage
seine Liebe stärker empfindest. Lausche also auch auf ihn, wenn Du
niedergeschlagen bist.
In einer depressiven Phase haben die meisten Menschen leider abgeschaltet.
Wenn wir scheitern, dürfen wir uns selbst genau so lieben, wie Gott uns
bedingungslos liebt.
- Erfolg wird in unserer Gesellschaft angebetet, wie ein Götze.
Die Gesellschaft lässt es dann zu, dass der Starke und Erfolgreiche den
Kleinen, den Schwachen, den Arbeitslosen, den Gescheiterten, verachtet.
Eine daraus folgende Aussage, nämlich dass die Starken dann die Schwachen
beherrschen sollen, ist ein Kennzeichen rechtsradikaler Ideologien.
Diese Abwertung der Schwachen führt bei den Betroffenen dann zu einem
Selbsthass und zu einem Zerstörungsdrang gegen diese grausame Gesellschaft.
Aus ihrer Verzweiflung kann Terrorismus entstehen.
Durch die Abwertung der Schwachen zweifelt ein Kind Gottes daran,
selbst ein geliebtes Kind Gottes zu sein.
Und das ist wirklich eine schwere Sünde dieser Gesellschaft.
- Gott hat keinen Körper. Er benötigt uns, damit er durch uns wirken kann.
Wir sind seine Stellvertreter, und wir sind Kinder Gottes.
Deshalb ergreift Gott auch Partei für seine Kinder, indem er gegen
Ungerechtigkeit und Unterdrückung ist. Gott ist politisch aktiv.
Deshalb ist Gott auch gegen Folter und gegen die
Todesstrafe. Er fordert die Einhaltung der
Menschenrechte.
(Deutscher Text)
- Es ist nicht nötig, dass Du jeden Menschen magst. Aber Achtung seiner Würde,
sowie Fürsorge und Anstand - eben Liebe - bist Du jedem Menschen
schuldig.
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