Paulus und das Urchristentum

Dies ist ein Skript zu unserem Bibelkreis in Hammelburg. Wir haben die Entwicklung des Urchristentums im 1. Jahrhundert anhand der Paulusbriefe untersucht. Das Skript zeigt den Lernvorgang, nicht so sehr eine thematische Gliederung. Dabei wird auch tiefer in die Einzelheiten gegangen.

Eine kürzere, weltliche Darstellung mit einer Evolution der Dogmen ist in einem anderen Text vorhanden.



Paulus, deutsch "der Kleine", hieß ursprünglich Schaul. Als römischer Bürger musste er auch einen römisch Namen haben. Bei ihm war das der Name Paulus. Vom Familienstand war er ledig. (1.Kor7,8)
Er bezeichnet sich selbst als Hebräer aus dem Stamme Benjamin. Er war Pharisäer. (Phil3,5)
Paulus war Jesus nie begegnet. Alles über ihn erfuhr er vom Hörensagen - in Damaskus.
Seine persönliche Berufung erfolgte, indem Gott ihn "Jesus sehen und erkennen" ließ. (Gal1,16)

Viele Menschen fühlen sich zum Urchristentum hingezogen, weil sie dort noch die unverfälschte Lehre Jesu vermuten.
Wenn man jedoch mehr vom Urchristentum erfahren will, muss man zu den frühesten Dokumenten des Christentums zurückgreifen, und das sind nun einmal die Paulusbriefe. Sie entstanden etwa 25 Jahre nach Jesu Tod. Die Evangelien entstanden erst später. Das früheste Evangelium, das Markus-Evangelium, wird auf das Jahr 70 geschätzt, also 40 Jahre nach Jesu Tod.
Deshalb wurden in den Evangelien auch die von Paulus gepredigten Glaubensvorstellungen mit eingearbeitet. Wo Paulus irrte, irrten später auch die Evangelien.

Über den historischen Jesus und den urchristlichen Glauben an ihn wird hier nur so weit berichtet, wie es mir zum Verständnis der Historie des Paulus erforderlich erscheint.

Historie

Historische Fixpunkte

Die Bibel nennt keine Jahreszahlen. Man muss sich die Jahreszahlen aus dem Text erarbeiten, indem man nach Ereignissen sucht, von denen man die Jahreszahlen aus historischen Quellen kennt. Diese Ereignisse sind die historischen Fixpunkte. Aus den Fixpunkten kann man dann die weiteren Jahreszahlen zum Geschehen ungefähr erschließen. Leider ist dabei immer eine größere Toleranz zu bedenken. Wundern Sie sich also nicht bei abweichenden Jahreszahlen.

Paulus wurde gegen Ende seines Aufenthalts in Korinth dem römischen Statthalter Lucius Junius Gallio vorgeführt. (Apg18,12). Gallio bekleidete dieses Amt von Frühsommer des Jahres 51 bis Frühsommer 52.
Ein Edikt des Kaisers Claudius, wonach die Juden Rom verlassen mussten, wird in Apg18,2 erwähnt. Dieses Edikt wurde von Orosius im 5. Jahrhundert auf 49 datiert, weil sich Paulus 18 Monate in Korinth aufgehalten haben soll, bevor er Gallio vorgeführt wurde. Die Datierung ist zweifelhaft, da es keine andere Quelle als Bestätigung gibt. Wenn man jedoch das Jahr 41 für das Edikt annimmt, lösen sich einige Widersprüche auf.

Ich vermeide die Angaben "vor Christus", "nach Christus", "vChr" oder "nChr". Statt dessen finden Sie hier "vuZ" oder "nuZ" für vor bzw. nach unserer Zeitrechnung.
Wir wissen nämlich nicht, wann Christus geboren wurde. Siehe auch: Zeitrechnung und Christliche Zeitrechnung. Wikipedia favorisiert die Jahre 7vuZ-4vuZ.
Auch das Todesdatum des Jesus ist nicht bekannt. Er soll aber im 15. Jahr des Kaisers Tiberius von Johannes dem Täufer getauft worden sein (Lk3,1-2), was den Jahren 28-29 entspräche. Danach hat Jesus mindestens 1 Passahfest, höchstens aber 3 noch gefeiert. Siehe englischsprachige Wikipedia.
Leider macht Lukas mehrere historisch falsche Angaben, so dass man ihn nicht als zuverlässig bezeichnen sollte (etwa Zensus des Quirinius oder die falsche Angabe Kaiphas (18-37) sei vor Hannas (6-15) Hoherpriester gewesen).

Zeitangaben zur Entstehung der Evangelien

Es gibt nur wenige gesicherte Zeitangaben zu den Geschehnissen damals. Aus diesen Zeitangaben haben die Theologen dann die anderen Jahreszahlen grob errechnet. Nicht immer konnten sie sich dabei auf gleiche Zeitangaben einigen. Ich habe deshalb hier Angaben aus mehreren Quellen gebracht. In Klammern () finden Sie weitere Angaben, die von einzelnen Theologen bevorzugt werden.

28Auftreten Johannes des Täufers
30Hinrichtung Jesu
33Bekehrung des Paulus
41Vertreibung der Juden aus Rom (Apg18,2); 1. Thessalonicherbrief des Paulus (oder 50)
48Jerusalemer Konferenz (Apostelkonzil)
50-53(55)  Die erhaltenen echten Paulusbriefe: Römer-, 1. und 2. Korinther-, Galater-, Philipper- und Philemon-Brief; (möglicherweise auch 1. Thessalonicherbrief)
53(56)Reise des Paulus nach Jerusalem zwecks Überbringung der Kollekte
64Tod des Paulus in Rom
66Beginn des Jüdischen Krieges
70Belagerung Jerusalems und Zerstörung des Tempels durch die Römer
Markus-Evangelium
70-90Kolosserbrief, Epheserbrief, 2. Thessalonicherbrief, 1. Petrusbrief, Hebräerbrief, Jakobusbrief und Judasbrief
90Matthäus- und Lukas-Evangelium, Apostelgeschichte
95(110)Offenbarung des Johannes
100-1102. und 3. Johannesbrief, Johannes-Evangelium, 1. Johannesbrief
1301. und 2. Timotheusbrief, Titusbrief, 2. Petrusbrief

Alle Evangelien entstanden nach der Zerstörung von Jerusalem durch die Römer im Jahr 70. Nach der Zerstörung von Jerusalem wurde die dortige Gemeinde bedeutungslos. Ihre Schriften verschwanden.
Die Evangelien entstanden somit vornehmlich aus den Glaubensvorstellungen des Paulus, obwohl dieser kein Jünger Jesu war.

Zeitangaben zum Leben des Apostels Paulus nach Lüdemann

Die Daten habe ich aus "Paulus, Gründer des Christentums" S.68f. Es sind hier auch Ereignisse aufgeführt, die in der Apostelgeschichte falsch dargestellt werden - etwa indem dort Ereignisse aus mehreren Korinthbesuchen irrtümlich zu einem einzigen Besuch zusammengefasst wurden, obwohl zwischen den Besuchen etwa 10 Jahre an Zeit lagen.

30Kreuzigung Jesu
32Verfolgung der christlichen Gemeinde von Damaskus durch den Pharisäer Schaul,
Bekehrung in Damaskus im Alter von ca. 30 Jahren zum Völkerapostel
einjähriger Aufenthalt in Arabien (Gal1,17b), Rückkehr nach Damaskus (Gal1,17c)
34erste Jerusalemreise um Kephas kennen zu lernen (Gal1,18).
Danach Reise Syrien-Cilicien (Gal1,21)
34-37Mission in Syrien-Cilicien und Südgalatien mit Barnabas im Rahmen des Antiochia-Missionswerkes (Apg13-14),
Todesgefahr in Lystra (Apg14,19f; 2Kor11,25);
Bekehrung und Beschneidung des Timotheus in Derbe (Apg16,1-3).
38Christusvision des Paulus (2Kor12,2);
Beginn der unabhängigen Mission des Paulus in Europa:
Philippi (1Thess2,2; Apg16,12-40), Thessalonich (Phil4,16; Apg17,1-9); Scheitern in Athen (Apg17,16-32; 1Thess3,1)
41Judenedikt des Kaisers Claudius
Paulus in Korinth: 1. Thessalonicherbrief. Er bleibt 18 Monate (Apg18,11)
um 44  Gründung der galatischen Gemeinden aufgrund von Krankheit (Gal4,13)
47Zwischenfall von Antiochien (Gal2,11-14; Apg15,1-2), möglicherweise der Auslöser für die
Jerusalemer Konferenz oder Apostelkonzil (Gal2,1-10), gefolgt von der Kollektenreise in die paulinischen Gemeinden
48Paulus zum zweiten Mal in Galatien
49-52Herbst 49-Frühjahr 52: Paulus in Ephesus (1Kor15,32; 1Kor16,8; Apg19)
49Herbst: Sendung des Timotheus nach Makedonien und Korinth (1Kor4,17);
der vorige Brief an die Korinther (1Kor6,9) mit Anweisungen zur Kollekte wurden separat durch einen Boten geschickt.
50-51Winter: Timotheus in Makedonien (vgl. 1Kor4,17; 1Kor16,10a)
51-52Gallio Prokonsul von Achaja
51Frühjahr: Brief der Korinther mit Fragen bezüglich der Kollekte (oder die Fragen wurden mündlich gestellt).
51Nicht lange nach dem Passahfest: 1. Korintherbrief (vgl. 5,7)
51Zwischen Passahfest und Sommer: Timotheus in Korinth.
51Sommer: Nach schlechten Nachrichten aus Korinth durch Timotheus bei seiner Rückkehr zu Paulus in Ephesus:
Zwischenbesuch in Korinth (2Kor1,23; 2Kor2,1); Paulus vor Gallio (Apg18,12-17);
überstürzte Rückkehr nach Ephesus; Tränenbrief (2Kor2,3-9; 2Kor7,8-12)
Sendung des Titus nach Korinth (2Kor8,6).
51/52Winter: Paulus in Todesgefahr (2Kor1,8); Gefangenschaft in Ephesus.
Abfassung der Gefangenschaftsbriefe an Philemon (Phlm) und an die Philipper (Phil).
52Frühjahr Reise des Paulus mit Timotheus von Ephesus nach Trosa (2Kor2,12). Weiterreise nach Makedonien.
52Sommer: Ankunft des Titus in Makedonien aus Korinth (2Kor7,6-7); schlechte Nachrichten aus Galatien (Gal1,6-9);
Komposition des 2. Korintherbriefs und des Galaterbriefs;
Sendung des Titus nach Korinth, um den 2. Korintherbrief (bzw. Teile davon) zu überbringen und um die Kollekte abzuschließen.
52/53Winter: Paulus in Makedonien; Abschluss der Kollekte dort.
53Frühling-Sommer: Reise des Paulus mit makedonischen Begleitern nach Korinth; Abschluss der dortigen Kollekte
53/54Winter: Paulus in Korinth; Abfassung des Römerbriefs.
54Frühjahr: Reise des Paulus nach Jerusalem, um die Kollekte abzuliefern (Röm15,25).
55-57Gefangenschaft in Cäsarea (Apg24,27).
57Reise als Gefangener nach Rom (Apg27-28).

Zeitangaben aus Wikipedia

um 5Geboren vermutlich in Tarsus/Cilicien
30Kreuzigung Jesu
32/33Bekehrung und Berufung zum Völkerapostel
bis 35  Damaskus, Arabien, dann wieder Damaskus
35/36erste Jerusalemreise, danach Mission in Tarsus/Cilicien, Antiochia/Syrien
44Tod des Herodes Agrippa I.
Danach, zwischen 44 und 49 zweiter bzw. dritter Jerusalembesuch, Apostelkonzil
46?Besuch in Jerusalem, um Kollekte zu überbringen.
Laut Flavius Josephus war in der Mitte der 40er Jahre eine Hungersnot in Palästina.
46/47Reise mit Barnabas nach Zypern und südliches Kleinasien, Besuch in Athen,
Gründungen in Thessaloniki und Philippi.
48?Besuch in Jerusalem, Apostelkonzil - Alternative Zeitangabe
48/50Philippi, Thessaloniki, Athen (Kleinasien und Makedonien)
50/51erster Korinthbesuch, dort Abfassung des ersten Thessalonicherbriefs,
Zwischenstation in Antiochia
52-55Ephesus, Abfassung der Briefe an die Galater und die Philipper und des Briefes an Philemon
54Briefe an die Korinther
55Ephesus, Troas, Makedonien, zweiter Korinthbesuch
56Abfassung des Römerbriefs (letzter authentischer Paulusbrief)
56letzte Jerusalemreise
56-58Gefangenschaft in Cäsarea
58Überführung nach Rom
58-60Aufenthalt in Rom
um 64gestorben, vermutlich in Rom durch Neros Christenverfolgung

Die Paulusbriefe

Im Neuen Testament gibt es 14 Briefe, die dem Apostel Paulus zugeschrieben werden.
Nur bei den folgenden 7 Briefen wird unter Theologen die Urheberschaft des Paulus nicht bestritten.
Die anderen dem Paulus zugeschriebenen Briefe wurden wahrscheinlich von Schülern des Paulus angefertigt. Das geschah nach des Paulus Tod.
Die Briefe an Timotheus und Titus werden als die Pastoralbriefe bezeichnet. Sie regeln das Leben der Gemeindeleiter und deren Verhältnis zu den Gläubigen.
Die Briefe an die Kolosser und Epheser sind Zusammenfassungen des Glaubens des Paulus für die Predigten.
Eine kurze Behandlung steht im Teil Das Christentum nach des Paulus Tod.
Weiterhin sind noch apokryphe Paulusbriefe bekannt.

Ausführliche Kommentare zu den Paulusbriefen findet man auch in Wikipedia.

Ich habe für meine Bibeltexte dem www.bibleserver.com im Internet verwendet.
Dabei habe ich die Übersetzungen aus Hoffnung für alle bevorzugt. Das ist nach meiner Meinung die am besten verständliche Darstellung. Es ist aber auch eine interpretierende Darstellung, die vom ursprünglichen Wortlaut bisweilen abweicht.
Deshalb habe ich in einigen Fällen auch die Übersetzung von Martin Luther hergenommen. Diese ist weitestgehend wortgetreu.

Brief des Apostels Paulus an die Christen in Galatien

Der Brief richtet sich an Heidenchristen, die von Judenchristen zur Annahme der Beschneidung gedrängt wurden. Man nimmt heute an, dass er im Spätherbst 55 in Makedonien, vermutlich auf dem Weg nach Korinth verfasst wurde.
Der Galaterbrief ist der am schärfsten formulierte Brief, der uns von Paulus erhalten ist.

Wer waren die Galater ?

Sie sollen ursprünglich Kelten, speziell aus aus dem Stamm der Volker oder Volken gewesen sein, die auch an der Garonne um Tolosa (heute Toulouse in Frankreich) sowie an der Rhone gesiedelt haben.
Nach anderen Quellen hatten sie ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet vermutlich zwischen Rhein, Main und Leine sowie im Thüringer Wald. Die Germanen bezeichneten die Volken als walhoz (Welsche).

Um 280 vuZ. fielen mehrere Stämme der Volken in Griechenland ein und plünderten u.A. das griechische Heiligtum von Delphi mit all seinen enormen Goldschätzen. Das Gold soll nach Tolosa gebracht worden sein und von dort von den Römern 105 vuZ erobert und nach Rom gekommen sein.

Um 278 vuZ kämpften sie als Söldner für diverse kleinasiatische Könige. Nach mehreren entscheidenden Niederlagen konnten die keltischen Stämme fest angesiedelt werden, Hauptstadt Ankyra, heute Ankara. Man nannte sie nun Galater; ihr Land Galatia.

Die Galater hatten lange Zeit noch ihre gallisch-keltische Sprache. Noch um 400 sagte Hieronymus: "Die Galater haben neben dem Griechischen, das alle Personen im Osten sprechen, noch ihre eigene Sprache, ziemlich ähnlich wie die der Treverer".
Sie hatten ihre eigenen Götter und Kulte. Sie übernahmen aber auch kleinasiatische Kulte, etwa der Kybele, der großen Mutter. (Die Kopfbedeckung der Priester der Kybele ist das Vorbild für die Mitra der christlichen Bischöfe)
Durch Paulus wurden sie zu den ersten christianisierten keltischen Stämmen.

Heute noch übliche Begriffe : Gallier, Gallia, gälische Sprache

Die Berufung des Paulus   Gal1,11-24

11  Ihr könnt sicher sein, liebe Brüder und Schwestern: Die rettende Botschaft, die ich euch gelehrt habe, ist keine menschliche Erfindung. (1Thess 2,13)
12Ich habe sie ja auch von keinem Menschen übernommen, und kein Mensch hat sie mich gelehrt. Jesus Christus selbst ist mir erschienen und hat mir seine Botschaft offenbart. (Apg 9,3; Apg 26,13)
13Ihr wisst sicherlich, wie ich als strenggläubiger Jude gelebt habe, dass ich die Christen überall mit glühendem Hass verfolgte und ihre Gemeinden zerstören wollte. (Apg 8,3)
14Mein Einsatz für den jüdischen Glauben übertraf den aller meiner Altersgenossen in unserem Volk. Mehr als alle anderen setzte ich mich dafür ein, dass die überlieferten Gesetze unserer Vorfahren buchstabengetreu erfüllt würden.
15Aber Gott hatte mich in seiner Gnade schon vor meiner Geburt dazu bestimmt, ihm einmal zu dienen. Als die Zeit dafür gekommen war, (Jer 1,5)
16ließ er mich seinen Sohn erkennen. Die anderen Völker sollten durch mich von ihm erfahren. Ohne Zögern habe ich diesen Auftrag angenommen und keinen Menschen um Rat gefragt. (Apg 9,15; Röm 1,5)
17Ich bin nicht einmal nach Jerusalem gereist, um die nach ihrer Meinung zu fragen, die schon vor mir Apostel waren. Nein, ich bin sofort nach Arabien gezogen und von dort wieder nach Damaskus zurückgekehrt.
18Erst drei Jahre später kam ich nach Jerusalem, weil ich Kephas kennen lernen wollte. Fünfzehn Tage bin ich damals bei ihm geblieben.
19Von den anderen Aposteln habe ich bei diesem Aufenthalt keinen gesehen, außer Jakobus, den Bruder unseres Herrn. (Mt 13,55; Apg 15,13)
20Gott weiß, dass alles wahr ist, was ich euch schreibe.
21Danach bin ich in den Gebieten von Syrien und Cilicien gewesen. (Apg 9,30; Apg 11,25)
22Die christlichen Gemeinden in Judäa haben mich damals noch nicht persönlich gekannt.
23Nur vom Hörensagen wussten sie: "Der Mann, der uns früher verfolgt hat, ruft jetzt selbst zu dem Glauben auf, den er einst so erbittert bekämpfte."
24Und sie dankten Gott für alles, was er an mir getan hat.

Kommentar

Die Anerkennung des Paulus durch die anderen Apostel   Gal2,1-10

1  Erst vierzehn Jahre später bin ich zusammen mit Barnabas wieder nach Jerusalem gekommen. Auch Titus nahm ich mit.
2Gott selbst hatte sich mir offenbart und mir den Auftrag zu dieser Reise gegeben. In Jerusalem habe ich erklärt, welche Botschaft ich den Menschen aus anderen Völkern verkünde. Ich trug dies der versammelten Gemeinde vor und in einem weiteren Gespräch ihren führenden Männern. Denn ich wollte vermeiden, dass meine Arbeit abgelehnt wird und alle meine Mühe vergeblich ist.
3Alle Verantwortlichen stimmten meiner Arbeit zu. Nicht einmal von Titus, meinem griechischen Reisebegleiter, verlangte man, sich beschneiden zu lassen.
4Die Frage der Beschneidung wäre überhaupt nicht zum Problem geworden, hätten sich da nicht einige so genannte Christen hinter meinem Rücken in die Gemeinde eingeschlichen. Sie hegten ein tiefes Misstrauen gegenüber der Freiheit, die uns Christus schenkt, und wollten uns wieder dem jüdischen Gesetz unterwerfen.
5Aber wir haben ihnen keinen Augenblick nachgegeben und ihnen in keinem einzigen Punkt zugestimmt. Denn für uns ist nur eins wichtig: dass euch die Wahrheit der rettenden Botschaft erhalten bleibt.
6Die verantwortlichen Männer in der Gemeinde haben mir jedenfalls keine Vorschriften gemacht - im übrigen ist es mir ganz unwichtig, was sie früher einmal waren. Denn Gott schaut nicht auf Rang und Namen.
7Diesen Leitern der Gemeinde ist klar geworden, dass Gott mir den Auftrag gegeben hat, den nichtjüdischen Völkern die Botschaft von Christus zu verkünden, so wie er Petrus aufgetragen hat, sie den Juden zu bringen.
8Denn alle konnten sehen, dass meine Arbeit als Apostel ebenso von Gott bestätigt wurde wie die des Petrus.
9Jakobus, Petrus und Johannes, die als die Säulen der Gemeinde gelten, hatten erkannt, dass Gott mir diesen besonderen Auftrag gegeben hat. Da gaben sie mir und Barnabas die Hand zum Zeichen unserer Gemeinschaft. Wir einigten uns, dass sie die rettende Botschaft weiter unter den Juden verkünden sollten und wir unter den anderen Völkern.
10Nur um eins haben sie uns gebeten: Wir sollten die Armen in der Gemeinde von Jerusalem nicht vergessen. Und dafür habe ich mich auch immer eingesetzt.

Kommentar
Es wird das Ergebnis des Apostelkonzils in Jerusalem (irgendwann zwischen 44 und 49) berichtet. Paulus kauft sich ein, indem er für die "Armen" in Jerusalem sorgt. (Als "die Armen" bezeichnete sich aber auch die Jerusalemer Christengemeinde selbst.)
In der Mitte der 40er Jahre gab es laut Flavius Josephus eine Hungersnot in Palästina.
Paulus beweist damit die Menschenfreundlichkeit des neuen Glaubens.
Jakobus (der Bruder Jesu), Petrus und Johannes haben das Sagen in Jerusalem.

Die Aufhebung des Jüdischen Gesetzes   Gal3,23-29

23Bevor aber der Glaube kam, hielt das Gesetz uns gefangen. Das dauerte so lange, bis die Zeit da war, in der der Glaube an Christus uns befreien sollte.
24-25 Bis dahin hatte das Gesetz für uns die Aufgabe eines strengen Erziehers. Seit Christus aber finden wir durch den Glauben die Anerkennung Gottes und sind dem Gesetz, diesem strengen Erzieher, nicht mehr unterstellt.
26Denn durch den Glauben an Jesus Christus seid ihr nun alle zu Kindern Gottes geworden.
27Ihr gehört zu Christus, weil ihr auf seinen Namen getauft seid.
28 Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid: In Christus seid ihr alle eins.
29Gehört ihr aber zu Christus, dann seid auch ihr Nachkommen Abrahams. Als seine Erben bekommt ihr alles, was Gott ihm zugesagt hat.

Kommentar

Rechtfertigungslehre   Gal2,16

... wissen wir inzwischen sehr genau, dass wir nicht durch Taten, wie das Gesetz sie von uns fordert, vor Gott bestehen können, sondern allein durch den Glauben an Jesus Christus. Wir sind doch deshalb Christen geworden, weil wir davon überzeugt sind, dass wir allein durch den Glauben an Christus von unserer Schuld freigesprochen werden; nicht aber, weil wir die Forderungen des Gesetzes erfüllen. Denn wie die Heilige Schrift sagt, findet kein Mensch durch gute Werke Gottes Anerkennung. (siehe auch Ps143,2)

Kommentar

Ihr könnt nicht tun und lassen was ihr wollt   Gal5,13-26

13  Durch Christus wurde euch die Freiheit geschenkt, liebe Brüder und Schwestern! Das bedeutet aber nicht, dass ihr jetzt tun und lassen könnt, was ihr wollt. Dient vielmehr einander in Liebe.
14Denn wer dieses eine Gebot befolgt: "Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!", der hat das ganze Gesetz erfüllt.
15Wenn ihr aber wie die Wölfe übereinander herfallt, dann passt nur auf, dass ihr euch dabei nicht gegenseitig fresst!
16Darum rate ich euch : Lasst euer Leben von Gottes Geist bestimmen. Wenn er euch führt, werdet ihr allen selbstsüchtigen Wünschen widerstehen können.
17Denn, selbstsüchtig wie wir sind, wollen wir immer das Gegenteil von dem, was Gottes Geist will. Doch der Geist Gottes duldet unsere Selbstsucht nicht. Beide kämpfen gegeneinander, so dass ihr das Gute, das ihr doch eigentlich wollt, nicht ungehindert tun könnt.
18Wenn ihr aber aus der Kraft des Geistes lebt, seid ihr den Forderungen des Gesetzes nicht länger unterworfen.
19Gebt ihr dagegen euren selbstsüchtigen Wünschen nach, ist offensichtlich, wohin das führt: zu sexueller Zügellosigkeit, einem sittenlosen und ausschweifenden Leben,
20zur Götzenanbetung und zu abergläubischem Vertrauen auf übersinnliche Kräfte. Feindseligkeit, Streitsucht, Eifersucht, Wutausbrüche, Intrigen, Uneinigkeit und Spaltungen bestimmen dann das Leben ebenso
21wie Neid, Trunksucht, üppige Gelage und vieles andere. Ich habe es schon oft gesagt und warne euch hier noch einmal: Wer so lebt, wird niemals in Gottes neue Welt kommen.
22Dagegen bringt der Geist Gottes in unserem Leben nur Gutes hervor: Liebe und Freude, Frieden und Geduld, Freundlichkeit, Güte und Treue,
23Besonnenheit und Selbstbeherrschung. Ist das bei euch so? Dann kann kein Gesetz mehr etwas von euch fordern!
24Es ist wahr: Wer zu Christus gehört, der hat sein selbstsüchtiges Wesen mit allen Leidenschaften und Begierden ans Kreuz geschlagen.
25Durch Gottes Geist haben wir neues Leben, darum lasst uns jetzt auch unser Leben in der Kraft des Geistes führen!
26Wir wollen nicht mit unseren vermeintlichen Vorzügen prahlen und dadurch Kränkungen und Neid hervorrufen.

Tragt die Lasten gemeinsam!   Gal6,1-10

1Brüder und Schwestern, wenn einer von euch vom richtigen Weg abkommt, dann sollt ihr, die von Gottes Geist geleitet werden, ihn liebevoll wieder zurechtbringen. Seht aber zu, dass ihr dabei nicht selbst zu Fall kommt.
2Jeder soll dem anderen helfen, seine Last zu tragen. Auf diese Weise erfüllt ihr das Gesetz, das Christus uns gegeben hat.
3Wer sich einbildet, besser zu sein als die anderen, der betrügt sich selbst.
4Darum soll jeder sich selbst genau prüfen. Dann wird er sich über seine guten Taten freuen können, aber keinen Grund zur Überheblichkeit haben.
5Denn jeder ist für sein eigenes Tun vor Gott verantwortlich. Das ist schon schwer genug!
6Wer in der Heiligen Schrift unterwiesen wird, soll auch zum Lebensunterhalt seines Lehrers beitragen, so gut er kann.
7Glaubt nur nicht, ihr könntet euch über Gott lustig machen! Ihr werdet genau das ernten, was ihr gesät habt.
8Wer sich nur auf sich selbst verlässt, den erwartet der ewige Tod. Wer sich aber durch den Geist Gottes führen lässt, dem wird Gott das ewige Leben schenken.
9Werdet nicht müde, Gutes zu tun. Es wird eine Zeit kommen, in der ihr eine reiche Ernte einbringt. Gebt nur nicht vorher auf!
10  Solange uns noch Zeit bleibt, wollen wir allen Menschen Gutes tun; vor allem aber denen, die mit uns an Jesus Christus glauben.

Riten der Urkirche

Wie am Beispiel des Galaterbriefes deutlich wird, gibt es einige Unterschiede zur später entstandenen Apostelgeschichte.
Heute gehen die Theologen zuerst von den Paulusbriefen als verlässlichere Quellen aus. Die Apostelgeschichte gilt dagegen als weniger zuverlässig. Ein Sachverhalt gilt nur noch dann als sicher, wenn er sowohl in den Paulusbriefen als auch in der Apostelgeschichte gleichartig beschrieben wird. Aus diesem Grund sollte man sich ein Bild der Urkirche zuerst aus den Paulusbriefen erarbeiten.

Die Taufe

Gal3,26-29 - diesmal übersetzt von Luther
26  Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.
27Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.
28Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.
29Gehört ihr aber Christus an, so seid ihr ja Abrahams Kinder und nach der Verheißung seine Erben.

Damit wird das Taufkleid ein Symbol für Jesus und man wird selbst zum Kind Gottes.
Das Gesetz gilt nicht mehr. Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern eine neue Schöpfung. (Gal6,15)

Kultische Waschungen gab es schon bei den Juden. Die Taufe wird aber nur einmal vollzogen - von einem Täufer, deren erster Johannes war (Mt3; Mk1,1-11; Ausnahme: Apg19,1-7).
Die Taufe ist mit der Vergebung der Sünden verbunden (Lk3,1-22), was bei dem damals erwarteten Gericht Gottes von Bedeutung war.
Jesus hat sich selbst taufen lassen. Er mag auch getauft haben, zumindest seiner Jünger machten es. (Joh3,22;4,2) Seine angeblichen Aufforderungen an seine Jünger zum Taufen sind später in die Evangelien eingefügt worden (etwa Mt28,18-20).
Schon vor Paulus wurde in den christlichen Gemeinden getauft.
Paulus hat auf den Namen Jesu getauft und den Getauften damit zum Eigentum Jesu gemacht. Danach ist der Getaufte auch vor bösen Geistern geschützt, denn Jesus konnte Dämonen austreiben. (Lk11,20; Mt12,28)

Die Bedeutung der Taufe bei Paulus erkennt man in Röm6,4-9
4  Durch die Taufe sind wir also mit Christus gestorben und begraben. Und wie Christus durch die Herrlichkeit und Macht seines Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir ein neues Leben führen.
5Denn wie wir seinen Tod mit ihm geteilt haben, so haben wir auch Anteil an seiner Auferstehung.
6Damit steht fest: Unser früheres Leben endete mit Christus am Kreuz. Unser von der Sünde beherrschtes Wesen ist vernichtet, und wir müssen nicht länger der Sünde dienen.
7Wer gestorben ist, kann nicht mehr beherrscht werden - auch nicht von der Sünde.
8Sind wir aber mit Christus gestorben, dann werden wir auch mit ihm leben - davon sind wir überzeugt.
9Wir wissen ja, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist und nie wieder sterben wird. Der Tod hat keine Macht mehr über ihn.

Durch die Taufe wird man vom Tode auferweckt und gewinnt das ewige Leben.
Gerade beim Verständnis der Taufe gibt es die krassesten Unterschiede bei den verschiedenen Kirchen.

Das Herrenmahl

Der älteste Text zum Herrenmahl : 1Kor11,23-26 übersetzt nach Luther
23  Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot,
24dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.
25Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.
26Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.

Der früheste Text in den Evangelien : Mk14,22-24 übersetzt nach Luther
22  Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet, das ist mein Leib.
23Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den, und sie tranken alle daraus.
24Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.

Ein später Text in den Evangelien : Lk22,14-20 übersetzt nach Luther
14  Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und die Apostel mit ihm.
15Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passahlamm mit euch zu essen, ehe ich leide.
16Denn ich sage euch, dass ich es nicht mehr essen werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes.
17Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt ihn und teilt ihn unter euch;
18denn ich sage euch: Ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt.
19Und er nahm das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis.
20Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!

Das ursprüngliche Herrenmahl war nach den Aussagen der Evangelien ein Passahmahl.
Das Herrenmahl der späteren Christen ist jedoch kein Passahmahl.
Es wird ja kein Lamm gegessen, man isst Brot (keine ungesäuerten Matzen) und trinkt nur einen Becher (nicht 4 wie beim Passahmahl). Dann wird das Herrenmahl wöchentlich gefeiert, nicht einmal im Jahr.

Nach der Darstellung des Paulus war der Ablauf der Folgende:
Am Anfang bricht Jesus das Brot, spricht ein Dankgebet und teilt aus. Das Brot sei sein Leib.
Dann war das gesellige Essen, Trinken und Beisammensein.
Am Ende des Mahls nimmt er den Becher und man trinkt auf den neuen Bund mit Gott. Der Wein sei sein Blut.
Beides, das Brot essen und den Wein trinken, tut man zur Erinnerung an Jesus.

Die Bedeutung des Herrenmahls : 1Kor10,16-17 übersetzt nach Luther
16  Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?
17Denn ein Brot ist's: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.

Taufe und Herrenmahl waren eng miteinander verbunden.
"Die Taufe versetzte die Christen in Christus, ließ Christus in den Christen wohnen, während das regelmäßig gefeierte Herrenmahl diese Verbindung erneuerte, stärkte und nährte. Der Herr Christus gab als Tischherr den Gläubigen Anteil an sich selbst, und zwar durch die göttlichen Substanzen Brot und Wein."
(Zitat Lüdemann)

Probleme beim Herrenmahl : 1Kor11,17-22 übersetzt nach Luther
17  Was ich euch jetzt noch zu sagen habe, ist kein Lob. Wie ihr eure Gottesdienste feiert, kann ich wirklich nicht gutheißen. Sie scheinen eurer Gemeinde mehr zu schaden als zu nützen.
18Zunächst höre ich da von Uneinigkeit bei euren Versammlungen. Etwas Wahres muss wohl daran sein.
19Allerdings muss es auch zu Spaltungen unter euch kommen, denn nur so wird sichtbar, wer sich im Glauben bewährt hat.
20Was ihr in euren Gottesdiensten feiert, ist gar nicht das Mahl des Herrn.
21Weil jeder das isst und trinkt, was er mitgebracht hat, bleibt der eine hungrig und durstig, während der andere sich betrinkt.
22Könnt ihr denn nicht zu Hause essen und trinken? Oder bedeutet euch die Gemeinde so wenig, dass ihr diejenigen geringschätzig behandelt, die arm sind und kein Essen mitbringen konnten? Soll ich euch dafür auch noch loben? Darauf könnt ihr lange warten!


Kommentar

Das Herrenmahl soll somit ein friedliches Gemeinschaftsessen zur Erinnerung an Jesus sein. Man hat auf ihn gegessen und getrunken - ein maßvolles Jesus-Gedächtnis-Essen. Obwohl nicht im Text angeführt, sollen die Reicheren, den ärmeren doch etwas abgeben, und sie nicht "geringschätzig behandeln".

Brot und Wein waren damals die üblichen, gängigsten Nahrungsmittel. Wasser war meist nicht keimfrei und wurde weniger getrunken. Diese Nahrungsmittel sind von sich aus schon der Leib Gottes. Man braucht nicht erst noch eine Wandlung durch einen Priester.
Ein Dankgebet in Erinnerung an Jesus reicht völlig aus. Jesus ist dann beim Mahl mit dabei.

Es erschließt sich daraus ein neues Mysterium. Der Leib des Menschen wird nach dem Tode wieder zu Erde, und aus der Erde wächst dann das Korn, aus dem wir Brot backen und es essen. Ebenso ist es mit dem Weinstock und dem Wein.
Es ergibt sich eine Göttlichkeit unserer Nahrung und unserer Erde, die wir als heilig erkennen sollten. Indem wir die Früchte unserer Erde aufnehmen, so nehmen wir auch Gott auf.
Für einen katholisch geprägten Gläubigen ist diese Auslegung allerdings völlig ungewohnt. Die katholische Kirche hat einen theologischen Schirm um das Herrenmahl gelegt, der die Gläubigen von einer einfachen und naheliegenden Betrachtung fern hält.

Paulus selbst hat sich nie als Papst, Bischof oder Priester gefühlt, sondern nur als Lehrer, der den neuen Glauben weiter verbreitete - also als Missionar.

Taufe und Herrenmahl wurden in christlichen Gemeinden schon vor der Bekehrung des Apostels Paulus ausgeführt.
Schon innerhalb der ersten 3 Jahre nach Jesu Tod sind sie verbreitet. Es sind damit die ältesten Sakramente.

Wer mehr wissen will zum theologischen Themenkomplex des Herrenmahls, kann bei Wikipedia nachlesen unter den Stichworten:
Transsubstantiation
Leib Christi
Konsekration
Priestertum aller Gläubigen

Ein junger Moslem sagte mal in meiner Gegenwart: Die Christen sind Kannibalen. Sie fressen sogar ihren Gott.

Gottesdienst - was außer dem Herrenmahl noch gemacht wurde

Regeln für den Gottesdienst : 1Kor14,26-40
26  Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder etwas beizutragen: Einige singen ein Loblied, andere unterweisen die Gemeinde im Glauben. Einige geben weiter, was Gott ihnen offenbart hat, andere reden in unbekannten Sprachen, und wieder andere legen das Gesprochene für alle aus. Wichtig ist, dass alles die Gemeinde aufbaut.
27Während eines Gottesdienstes sollen höchstens zwei oder drei in unbekannten Sprachen reden, und zwar einer nach dem anderen. Was sie gesagt haben, soll gleich für alle erklärt werden.
28Wenn dafür niemand da ist, sollen die Betreffenden schweigen. Sie können ja für sich allein beten; Gott wird sie hören.
29Auch von den Propheten, die Gottes Botschaften empfangen, sollen zwei oder drei sprechen; die anderen sollen das Gesagte deuten und beurteilen.
30Der Prophet, der eine Botschaft von Gott bekommen hat, soll seine Rede unterbrechen, wenn Gott einem der Anwesenden eine neue Botschaft eingibt.
31Ihr könnt doch alle der Reihe nach in Gottes Auftrag reden, damit alle lernen und alle ermutigt werden.
32Wer eine Botschaft von Gott bekommt, hat sich dabei völlig in der Gewalt.
33Denn Gott will keine Unordnung, er will Frieden.
34Wie in allen Gemeinden sollen auch bei euch die Frauen in den Gottesdiensten schweigen und dort nicht das Wort ergreifen. Stattdessen sollen sie sich unterordnen, wie es schon das Gesetz vorschreibt.
35Wenn sie etwas wissen wollen, können sie zu Hause ihren Mann fragen. Denn es gehört sich nicht, dass Frauen in der Gemeinde das Wort führen.
36Ihr seid anderer Meinung? Bildet ihr euch etwa ein, Gottes Botschaft sei von euch in die Welt ausgegangen? Oder glaubt ihr, die Einzigen zu sein, die sie gehört haben?
37Wenn einer meint, Gott rede durch ihn oder er sei von Gottes Geist erfüllt, dann muss er auch erkennen, dass alles, was ich hier anordne, dem Willen des Herrn entspricht.
38Wer das aber nicht erkennt, den kennt auch Gott nicht.
39Also, meine Brüder und Schwestern, setzt alles daran, in Gottes Auftrag prophetisch zu sprechen, und hindert keinen, in unbekannten Sprachen zu reden.
40Aber sorgt dafür, dass alles einwandfrei und geordnet vor sich geht.


Kommentar

Im Gottesdienst gibt es Lieder und Gespräche. Jeder darf einen Betrag bringen. Das können eigene Gebete, aber auch persönliche Gotteserfahrungen und Prophezeiungen (Weissagungen) sein. Vorbild dürfte die demokratische Praxis der Griechen sein.
Fremdsprachige Beiträge sind erwünscht, müssen aber übersetzt werden. In Kleinasien waren damals als Sprachen u.A. verbreitet : Griechisch, Aramäisch, Lateinisch, Galatisch, Phönizisch, Ägyptisch.
Obwohl im Text nicht erwähnt, wurden die Heidenchristen auch in die Bücher des Alten Testaments eingeführt - sie hätten sonst viele Aussagen des Paulus nicht verstanden.
In manchen Bibelausgaben ist von Sprechen in fremden Zungen die Rede. Das ist eine Falschübersetzung, es müsste in fremden Sprachen heißen. Die Römer nannten ihre lateinische Sprache z.B. "Lingua Latina", was wörtlich übersetzt etwa "Zunge von Latium" bedeutet.
Leider zeigt Paulus in 1Kor14,34-38 auch eine frauenfeindliche und arrogante Haltung. Seine Vorstellung des Kopfbedeckens (1Kor11,3-16) entspricht auch nicht unseren heutigen Vorstellungen, ebenso seine Ansichten über die Unterordnung der Frau.

Theologie und Moral des Paulus

Die Aufnahme in das Reich Gottes

Hoffnung über den Tod hinaus : Wenn Christus wieder kommt   1Thes4,13-18
13  Und nun, liebe Brüder und Schwestern, möchten wir euch nicht im Unklaren darüber lassen, was mit den Christen ist, die schon gestorben sind. Ihr sollt nicht trauern wie die Menschen, denen die Hoffnung auf das ewige Leben fehlt.
14Wir glauben doch, dass Jesus gestorben und auferstanden ist. Darum vertrauen wir auch darauf, dass Gott alle, die im Glauben an Jesus Christus gestorben sind, auferwecken wird. Wenn er kommt, werden sie dabei sein.
15Denn das hat uns der Herr ganz gewiss zugesagt: Wir, die beim Kommen des Herrn noch am Leben sind, werden gegenüber den Toten nichts voraushaben.
16Auf den Befehl Gottes werden die Stimme des höchsten Engels und der Schall der Posaune ertönen, und Christus, der Herr, wird vom Himmel herabkommen. Als Erste werden die auferstehen, die im Glauben an Christus gestorben sind.
17Dann werden wir, die wir zu diesem Zeitpunkt noch leben, mit ihnen zusammen unserem Herrn auf Wolken entgegen geführt, um ihm zu begegnen. So werden wir für immer bei ihm sein.
18Tröstet euch also gegenseitig mit dieser Hoffnung.

Wie werden wir einmal auferstehen : 1Kor15,35-58
35  Vielleicht werdet ihr jetzt fragen: "Wie werden die Toten denn auferstehen? Was für einen Körper werden sie haben?"
36Wisst ihr das denn immer noch nicht? Jedes Samenkorn, das gesät wird, muss vergehen, ehe neues Leben daraus wächst.
37Und was wir säen, ist ja nicht schon die fertige Pflanze, sondern es sind nur Körner, sei es Weizen oder anderes Saatgut.
38Aus jedem Samenkorn lässt Gott eine Pflanze wachsen, die so aussieht, wie er es gewollt hat, und diese Pflanzen sind alle ganz verschieden.
39Unterscheiden sich nicht auch alle Lebewesen in ihrem Aussehen? Menschen sehen anders aus als Tiere, Vögel anders als Fische.
40Die Sterne am Himmel sind ganz anders beschaffen als die Geschöpfe auf der Erde; doch jeder Stern und jedes Lebewesen ist auf seine Weise schön.
41Die Sonne hat ihren eigenen Glanz, anders als das Leuchten des Mondes oder das Glitzern der Sterne. Selbst die Sterne unterscheiden sich in ihrer Helligkeit voneinander.
42Genauso könnt ihr euch die Auferstehung der Toten vorstellen. Unser irdischer Körper ist wie ein Samenkorn, das einmal vergeht. Wenn er aber auferstehen wird, ist er unvergänglich.
43Was begraben wird, ist unansehnlich und schwach, was aufersteht, ist herrlich und voller Kraft.
44Begraben wird unser irdischer Körper; aber auferstehen werden wir mit einem Körper, der von unvergänglichem Leben erfüllt ist. Denn wie es einen sterblichen Körper gibt, so gibt es auch einen unsterblichen.
45In der Heiligen Schrift heißt es ja, dass der erste Mensch, Adam, irdisches Leben in sich trug. Aber der letzte Adam war erfüllt vom Geist Gottes, der unvergängliches Leben schenkt.
46Zuerst kommt der irdische Körper, und dann erst der unvergängliche - nicht umgekehrt.
47Adam, den ersten Menschen, erschuf Gott aus Erde; aber der neue Mensch, Christus, kommt vom Himmel.
48Als Nachkommen Adams haben wir jetzt alle einen irdischen Körper. Nach der Auferstehung werden wir dann wie Christus einen himmlischen Leib haben.
49Jetzt gleichen wir alle dem ersten Menschen, der aus Erde gemacht wurde. Aber einmal werden wir Christus gleichen, der vom Himmel gekommen ist.
50Eins steht fest, liebe Brüder und Schwestern: Menschen aus Fleisch und Blut können nicht in Gottes neue Welt kommen. Nichts Vergängliches wird in Gottes neuer Welt Platz haben.
51Ich möchte euch aber ein Geheimnis anvertrauen: Wir werden nicht alle sterben, aber Gott wird uns alle verwandeln.
52Das wird ganz plötzlich geschehen, von einem Augenblick zum anderen, wenn die Posaune das Ende ankündigt. Dann werden die Toten zum ewigen Leben auferweckt, und auch wir Lebenden werden verwandelt.
53Denn das Vergängliche muss mit Unvergänglichkeit und das Sterbliche mit Unsterblichkeit überkleidet werden.
54Wenn aber dieser vergängliche und sterbliche Körper unvergänglich und unsterblich geworden ist, dann erfüllt sich, was die Propheten vorausgesagt haben: "Das Leben hat den Tod überwunden!
55Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo bleibt nun deine Macht?"
56Der Tod hat Macht durch die Sünde, und die Sünde hat ihre Kraft durch das Gesetz.
57Aber gelobt sei Gott, der uns den Sieg schenkt durch Jesus Christus, unseren Herrn!
58Meine lieben Brüder und Schwestern, bleibt fest und unerschütterlich in eurem Glauben! Setzt euch mit aller Kraft für den Herrn ein, denn ihr wisst: Nichts ist vergeblich, was ihr für ihn tut.


Kommentar

Der Text aus dem 1. Thessalonicher-Brief ist das älteste Dokument zum Thema. Er stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 40.

Das bald kommende (1Kor7,31) Gericht Gottes wurde schon von Johannes dem Täufer gepredigt (Mt3,7-9). Nach Mk9,1 hat Jesus gesagt, einige würden noch erleben, wie die Herrschaft Gottes in ihrer ganzen Macht sichtbar wird. Weitere Hinweise zum Ablauf findet man in Mk13,24-33. Diese Stellen (Mk9,1; Mk13,24-33) gelten heute als unecht.

Paulus gibt uns Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode. Das Weiterleben nach dem Tode ist ein Wunschtraum der antiken Kulturen. Deren Religion bot den Verstorbenen nur die deprimierende Unterwelt des Hades.
In der Offenbarung des Johannes wird das Gericht Gottes dann aber in recht furchteinflößender und angstmachender (und damit in nicht-christlicher) Art ausgewalzt.

Paulus ging davon aus, dass die meisten seiner Zuhörer die Wiederkunft Jesu noch erleben würden. Die ersten Christen wären damit auch die letzten Christen. Jedoch zögerte sich die Wiederkunft Christ immer mehr hinaus. Manche hatten an die baldige Wiederkunft geglaubt und ihren Besitz verkauft. Da Christus nicht kam, waren sie nachher Bettler.

Möglicherweise hat Paulus das Thema jedoch missverstanden. Jesus sagte :
"Wenn ich aber die Dämonen durch Gottes Macht austreibe, so beginnt Gottes neue Welt jetzt - mitten unter euch!." (Lk11,20) oder nach Luther :
Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, ist das Reich Gottes zu euch gekommen.
Und das wäre aber ein gewaltiges Missverständnis.


Wie sähe das Ereignis der Wiederkunft wohl aus? Die Griechen wussten seit 600 vuZ von der Kugelform der Erde, und um 300vuZ konnten sie den Erddurchmesser berechnen. Auf welcher Seite der Erde würde nun der Herr erscheinen ?
Es müsste ein stark vergrößertes Bild des Herrn am Himmel erscheinen. Wenn man den Herrn unter einem Winkel von 30° sehen wollte, und wenn er in 2000m Höhe erscheine sollte, so müsste sein Bild etwa 1000m hoch sein.
Damit man ihn auch groß überall auf einer Erdhälfte sieht, müsste er in einer Höhe von 6000km erscheinen. Es müsste Nacht sein, sonst würde ihn das Blau des Himmels und der Dunst der Atmosphäre überstrahlen.
Die Griechen wussten das damals alles schon.
Dass wir ihm auf Wolken entgegen geführt werden, ist physikalisch nicht akzeptabel.

Sexualität und Ehescheidung

Über die Ehescheidung : 1Kor7,10-13
10  Was ich jetzt den Verheirateten sage, ist kein persönlicher Rat, sondern ein Gebot unseres Herrn: Keine Frau darf sich von ihrem Mann scheiden lassen.
11Hat sie sich aber doch von ihm getrennt, soll sie unverheiratet bleiben oder sich wieder mit ihrem Mann versöhnen. Dasselbe gilt für den Mann.
12Für alle anderen Fälle gibt es keinen ausdrücklichen Befehl des Herrn. Deshalb rate ich: Wenn ein Christ eine ungläubige Frau hat, die bei ihm bleiben will, soll er sich nicht von ihr trennen.
13Und wenn eine Christin einen ungläubigen Mann hat, der bei ihr bleiben will, soll sie ihn nicht verlassen.

Kommentar

Sich scheiden zu lassen, war für eine jüdische Frau unmöglich. Das gab es nur bei den Griechen und Römern. Bei den Juden konnte nur der Mann ( 5Mos24,1) die Frau verstoßen. Er war damals nicht unterhaltspflichtig und musste nur einen Scheidebrief als Urkunde ausstellen. Die Frau durfte danach verhungern - oder bei viel Glück - einen anderen Mann heiraten.

Gerade wegen dem damit verbundenen Leid forderte Jesus ja die Unauflöslichkeit der Ehe (Mk10,1-12). Für Jesus ist die Scheidung nach jüdischem Gesetz "ein Zugeständnis an euer böses und hartes Herz". Er verurteilte die Armut der Geschiedenen.
Jesus sagte auch: Darum verlässt ein Mann seine Eltern und verbindet sich so eng mit seiner Frau, dass die beiden eins sind mit Leib und Seele. ... Wenn sich ein Mann von seiner Frau trennt und eine andere heiratet, dann ist das Ehebruch. Auch eine Frau bricht die Ehe, wenn sie sich von ihrem Mann trennt und wieder heiratet.

Bei den vornehmen Damen von Korinth war dagegen eine Scheidung gar nichts Außergewöhnliches. Manche Damen wechselten oft ihre Liebhaber. Er dürfte sich damit keine Freunde gemacht haben.
Paulus sagte aber auch: "Wenn ein Christ eine ungläubige Frau hat, die bei ihm bleiben will, soll er sich nicht von ihr trennen." Er war also nicht so barbarisch wie Esra (Kap 9,10) im Alten Testament. (Esra10,10-12)
In der evangelischen Kirche sieht man die Eheschließung nicht als Sakrament, sondern - wie Luther sagte - als "ein weltlich Ding". Eine Scheidung wird als zulässig gesehen, wenn ein/e Partner/in unmoralisch oder gewalttätig lebt oder reuelos über hartes Unrecht bleibt.
Die katholische Kirche tut sich mit der Scheidung immer noch schwer. Sie hat viel gesündigt.

Verheiratet oder ledig : 1Kor7,1-3,8-9
1  Nun zu der Frage, die ihr mir in eurem Brief gestellt habt. Ich meine: Es ist gut für einen Mann, überhaupt nicht zu heiraten.
2Ja, aber damit niemand zu einem sexuell zügellosen Leben verleitet wird, ist es besser, wenn jeder Mann seine Frau und jede Frau ihren Mann hat.
3Der Mann soll seine Frau nicht vernachlässigen, und die Frau soll sich ihrem Mann nicht entziehen.
8Den Unverheirateten und Verwitweten rate ich, lieber ledig zu bleiben, wie ich es bin.
9Wenn ihnen das Alleinsein aber zu schwer fällt, sollen sie heiraten. Denn das ist besser, als von unerfülltem Verlangen beherrscht zu werden.

Kommentar

Für Paulus ist die Ehe nur ein Notbehelf, damit die Sexualität nicht zu einem "zügellosen" Leben verleitet. Dass Sexualität auch ein wundervolles Geschenk Gottes an die Menschen darstellt, kann er nicht erkennen.
Mit dieser Unfähigkeit, die eigene Sexualität zu schätzen, hat er das Christentum in ein großes Unglück gestürzt.
Zur Sexualität siehe auch Mt19,11-12. Der Vers kommt bei Markus nicht vor. Er mag also in der Gemeinde des Matthäus entstanden sein. In dem Vers überlässt es Jesus nämlich den Menschen, ob sie sich selbst zu Eunuchen (oder bei Luther zu "Verschnittenen") machen oder nicht.
(Mt19,11-12 wird meist falsch übersetzt wiedergegeben. Die lateinische Vulgata spricht von Eunuchen und von Selbstkastrierung: "et sunt eunuchi, qui seipsos castraverunt propter regnum cælorum")

Auch Homosexuelle mag Paulus nicht (Röm1,26-27). Sie kommen nicht ins Reich Gottes (1Kor6,9). Bei den Griechen und Römern war Homosexualität nicht anstößig. Neben Huren gab es auch Lustknaben. Mit seiner Sexualitätsfeindlichkeit hat sich Paulus bei den Griechen keine Freunde gemacht.

Vom Umgang mit schweren Sündern

Ausschluss der Unzüchtigen aus der Gemeinde : 1Kor5,1-2,9-13 übersetzt nach Luther
1Überhaupt geht die Rede, dass Unzucht unter euch ist, und zwar eine solche Unzucht, wie es sie nicht einmal unter den Heiden gibt: dass einer die Frau seines Vaters hat.
2Und ihr seid aufgeblasen und seid nicht vielmehr traurig geworden, sodass ihr den aus eurer Mitte verstoßen hättet, der diese Tat begangen hat?
9Ich habe euch in dem Brief geschrieben, dass ihr nichts zu schaffen haben sollt mit den Unzüchtigen.
10  Damit meine ich nicht allgemein die Unzüchtigen in dieser Welt oder die Geizigen oder Räuber oder Götzendiener; sonst müsstet ihr ja die Welt räumen.
11Vielmehr habe ich euch geschrieben: Ihr sollt nichts mit einem zu schaffen haben, der sich Bruder nennen lässt und ist ein Unzüchtiger oder ein Geiziger oder ein Götzendiener oder ein Lästerer oder ein Trunkenbold oder ein Räuber; mit so einem sollt ihr auch nicht essen.
12Denn was gehen mich die draußen an, dass ich sie richten sollte? Habt ihr nicht die zu richten, die drinnen sind?
13Gott aber wird die draußen sind richten. Verstoßt ihr den Bösen aus eurer Mitte!

Wer Unrecht tut hat in Gottes Reich keinen Platz : 1Kor6,9-11
9Habt ihr vergessen, dass für Menschen, die Unrecht tun, in Gottes neuer Welt kein Platz sein wird? Täuscht euch nicht: Wer verbotene sexuelle Beziehungen eingeht, andere Götter anbetet, die Ehe bricht, wer sich von seinen Begierden treiben lässt und homosexuell verkehrt, wird nicht in Gottes neue Welt kommen;
10  auch kein Dieb, kein Ausbeuter, kein Trinker, kein Gotteslästerer oder Räuber.
11Und all das sind einige von euch gewesen. Aber jetzt sind eure Sünden abgewaschen. Ihr gehört nun ganz zu Gott; durch Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes seid ihr freigesprochen.

Paulus schließt die Bösen aus der Gemeinde aus. Er verweigert ihnen das Reich Gottes.
Damit steht er im Widerspruch zu Jesus. Siehe die folgende Bibelstelle:

Jesus sagt: Gesunde brauchen keinen Arzt   Mk2,15-17
15  Später war Jesus mit seinen Jüngern bei Levi zu Gast. Levi hatte viele Zolleinnehmer eingeladen und andere Leute mit schlechtem Ruf. Viele von ihnen waren zu Freunden Jesu geworden.
16Als aber einige Schriftgelehrte, die zur Partei der Pharisäer gehörten, Jesus in dieser Gesellschaft essen sahen, fragten sie seine Jünger: "Wie kann sich euer Jesus bloß mit solchem Gesindel einlassen!"
17Jesus hörte das und antwortete: "Die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um Menschen in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen, die ohne ihn leben - und nicht solche, die sich sowieso an seine Gebote halten."

Später hat Paulus seinen Fehler eingesehen, und er ruft seine Gemeinde auf zu verzeihen.
Leider ist das Gebot des Verzeihens nur selten bei der späteren Kirche angekommen.

Vergebung für einen Bestraften : 2Kor2,5-11
5Wer anderen Kummer bereitet hat, der hat nicht nur mich traurig gemacht, sondern euch alle - oder doch fast alle, um nicht zu übertreiben.
6Die meisten von euch haben sein Verhalten bestraft, damit soll es gut sein.
7Jetzt müsst ihr ihm vergeben und ihn ermutigen, denn er soll nicht verzweifeln.
8Zeigt ihm deshalb eure Liebe.
9Der Zweck meines Briefes ist ja erreicht: Ich wollte sehen, ob ihr euch bewährt und meine Anweisungen befolgt.
10  Wem ihr vergebt, dem vergebe ich auch. Wenn ich etwas zu vergeben hatte, dann habe ich es um euretwillen vor Christus längst getan.
11Denn wir kennen die Absichten Satans nur zu genau und wissen, wie er uns zu Fall bringen möchte. Aber das soll ihm nicht gelingen.


Geschichtliche Hintergründe

Das Folgende ist ein gekürzter Auszug aus dem verschiedenen Wikipedia-Artikeln, insbesondere aus dem Artikel Jüdischer Krieg. Weitere Informationen können aus dem Buch Geschichte des jüdischen Krieges des Flavius Josephus entnommen werden.

Es ist von großer Bedeutung für den Leser, sich die Sichtweisen der Römer, der Juden und der Christen zu diesen Ereignissen vorzustellen.
Für die Römer war die Provinz Judäa aufrührerisch und musste befriedet werden - natürlich mit den Gesetzen der Pax Romana. Die Christen waren für die Römer dagegen eine unbedeutende Vereinigung.
Die Juden sahen die Römer als Besatzer und Ausbeuter. Sie wehrten sich gegen die Abgaben. Einen Vorteil aus der römischen Kultur hatten nur ganz wenige. Dagegen waren die Christen für die Juden eine gefährliche Sekte.
Die Christen sahen in den Juden eher die Unterdrücker. Bei den Römern erhofften sie sich mehr Freiheiten. Sie wurden von den Römern damals ja nicht verfolgt.


Syrien wurde 63 vuZ, zusammen mit dem Königreich Pontos (es gehörte das Schwarze Meer und Kleinasien dazu) von den Römern (Gnaeus Pompeius) erobert. Syrien wurde eine römische Provinz. Im benachbarten Judäa durfte einer der bisherigen dortigen Könige, Antipatros, im Auftrag Roms weiter regieren. Sein Sohn, Herodes der Große, wurde 30 vuZ von Augustus bestätigt. Augustus hatte schon 31vuZ Ägypten unter seine Herrschaft gebracht und alle Mitbewerber um die Mitherrschaft in Rom ermorden lassen.
Herodes regierte dann bis zu seinem Tode im Jahr 4vuZ. Er ließ den zweiten jüdischen Tempel erbauen.
Auf Herodes den Großen folgte in Galiläa und Peräa sein Sohn Herodes Antipas und in Judäa, Samaria und Idumäa sein Sohn Herodes Archelaos.
Herodes Archelaos wurde von Augustus 6nuZ abgesetzt, weil ihn die vornehmsten Juden und Samariter bei Augustus anklagten. Er starb 18nuZ.
Herodes Antipas, dem man den Tod Johannes des Täufer anlastet, wurde 39nuZ von Kaiser Caligula verbannt. Er starb 39nuZ.

Etwa 7-4vuZ ist - laut der deutschen Wikipedia - Jesus geboren worden, wahrscheinlich in Nazareth und nicht in Bethlehem. Das Geburtsjahr ist umstritten. Vor einigen Jahren galt noch 2vuZ als wahrscheinlichstes Geburtsjahr. Allgemein ist der Zeitraum 7vuZ bis 2nuZ im Gespräch. Siehe auch englisch-sprachige Wikipedia.

Ab 6nuZ, nachdem Herodes Archelaos abgesetzt worden war, unterstand Judäa dem römischen Legaten von Syrien, der in Jerusalem jeweils Präfekten einsetzte - einer davon war Pontius Pilatus (26-36).
Pontius Pilatus wurde im Jahr 36 abgesetzt, wobei ihm Bestechungen, Beleidigungen, Raub, Gewalttätigkeit, Zügellosigkeit, wiederholte Hinrichtungen ohne juristisches Verfahren, konstante Ausübung von extrem leidvoller Grausamkeit vorgeworfen wurden.
Kaiser Claudius setzte 41 Herodes Agrippa I als König ein. Dieser starb 44. 50-70 regierte sein Sohn, Herodes Agrippa II, auch bekannt als Marcus Julius Agrippa, der nur noch die Rolle eines römischen Beamten spielte. Er lebte bis 93 in Rom.

Bereits 6/7nuZ gab es einen Aufstand des Judas, Sohn des Ezechias, der sich als Messias ausgab. Ein anderer Judas, Judas Galilaeus, war ein weiterer Unabhängigkeitskämpfer, der besonders Proteste der Bevölkerung anstachelte wegen der Volkszählung und Vermögensschätzung des römischen Legaten von Syrien, Publius Sulpicius Quirinius, im Jahr 6. Die Parteigänger der Aufständischen waren hauptsächlich die Zeloten.

26 gab es wieder schwere Unruhen, als Pontius Pilatus Kaiserbilder des Tiberius nach Jerusalem bringen ließ.
Als eher nebensächlich ist die Hinrichtung Jesu um das Jahr 30 zu sehen. Die jüdischen Autoritäten und die Römer betrachteten ihn als Unruhestifter.

Etwa 44 wurde Jakobus, Sohn des Zebedäus, unter Herodes Agrippa I. (41-44 König über Judäa und Samaria) geköpft. Jakobus war mit Johannes und Petrus einer der "Säulen" der ersten Jerusalemer Christengemeinde.
Zu diesem Thema habe ich einen eigenen Artikel geschrieben.

Um 45 vollbrachte der Prediger Theudas angeblich große Wundertaten und zog zahlreich Anhänger an sich. Auch er wurde als Messias bezeichnet. Der Prokurator Cuspius Fadus ließ die Menge seiner Anhänger gewaltsam auseinander treiben und Theudas köpfen.
Es gab damals noch weitere Messiasse. Insbesondere ein Menachem soll großes Aufsehen erregt haben. Manche vermuten, dass die Weisheiten mehrerer dieser Leute gesammelt wurden und dann in die Lehre Jesu einflossen.

Um 52 provozierte ein römischer Legionär durch obszönes Verhalten blutige Unruhen, denen 20.000 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen.

Im Jahr 62 wird Jakobus, der Bruder Jesu auf Betreiben des Hohenpriesters Hannas II gesteinigt. Proteste der Pharisäer führten zur Absetzung des Hannas durch den römischen Präfekten.
(In der Kirchengeschichte des Eusebius von Cäsarea wird dieser Jakobus als der erste Bischof von Jerusalem aufgeführt. Das Amt des Bischofs gab es damals aber noch nicht. Die Gemeinden wurden am Anfang nur von Ältesten (presbyteros) geleitet. Aus dem Wort Presbyteros wurde später das Wort Priester gebildet.
Das Amt des Bischofs oder Episkopos (Hüter, Schützer, Aufseher) entstand später. Die Ältesten hatten oft mehr zu sagen als der Bischof. Erst im 2. Jahrhundert bekam der Bischof dann einen höheren Rang.)

Als Nachfolger des Jakobus ist Symeon, ein Vetter Jesu, überliefert. Er soll bis 107 der zweite Bischof von Jerusalem gewesen sein.
Der Apostel Petrus hat übrigens nach dem Apostelkonzil (um das Jahr 48) die Gemeinde von Jerusalem verlassen. Er hat - wie schon vorher auch - den Glauben im Lande weiter verkündet.

Direkter Auslöser des Aufstandes von 66 waren Steuerforderungen des Römischen Reiches. Der römische Prokurator Gessius Florus soll sich an den Steuereinnahmen selbst bereichert haben. Als die jüdische Bevölkerung dem Statthalter die Summe von 600 Sesterzen (1 Sesterze entsprach damals wertmäßig etwa 1g Silber) schuldig blieb, befahl Florus im Mai 66 seinen Soldaten, in den Tempel einzudringen und ließ den Tempelschatz um 435 Kilogramm Silber erleichtern. In ihren religiösen Gefühlen zutiefst verletzt, waren die Juden zum äußersten bereit. Auch die bisher auf Ausgleich mit Rom Bedachten schlugen sich überwiegend auf die Seite des Widerstandes. Obwohl Florus eine Kavallerieeinheit nach Jerusalem schickte, verloren die Römer die Kontrolle über die Stadt. Während Florus aus Jerusalem fliehen konnte, wurde die zurückgebliebene Kohorte von den Aufständischen niedergemetzelt. Die Nachricht vom erfolgreichen Widerstand in Jerusalem verbreitete sich in der gesamten Provinz.

Nero (Kaiser 54-68) entsandte im Oktober 66 eine Legion mit Hilfstruppen ca. 30.000 Mann, nach Jerusalem. Sein Versuch, Jerusalem einzunehmen, schlug fehl. Auf dem Rückweg gerieten die Römer in einen Hinterhalt. Die Legionäre konnten sich in dem zerklüfteten Gelände nicht formieren und erlitten eine Niederlage. Etwa 6.000 römische Soldaten verloren ihr Leben. Der Legionsadler ging verloren. Diese Niederlage gilt als eine der schwersten, die die römische Armee gegen eine rebellische Provinz erleiden musste.

Eine aufständische Provinz aber konnte Rom nicht hinnehmen. Der Feldherr Vespasian marschierte im Jahr 67 mit zwei Legionen, also 30.000 Legionären und etwa ebenso vielen Hilfstruppen von Norden her (aus Syrien) in Israel ein. Gleichzeitig führte der Feldherr Titus, Vespasians Sohn, eine Legion aus Ägypten heran. Vespasian plante, den jüdischen Widerstand systematisch aufzurollen. Die von ihm eroberten jüdischen Städte und Dörfer ließ er verbrennen und zerstören; dabei tötete er den größten Teil der Einwohner, neben den Männern auch Frauen und Kinder, weil diese sich nicht ergaben.

Vespasian und Titus eroberten Stadt um Stadt. Im Verlauf des Jahres 68 kreiste Vespasian Judäa und dessen Mittelpunkt Jerusalem mehr und mehr ein.

Im Sommer 68 beging Nero Selbstmord. Es kam zu Wirren im Römischen Reich, insbesondere das Vierkaiserjahr. Am 9. Juli 69 wurde dann Vespasian zum Kaiser ausgerufen. Er überließ die Erstürmung Jerusalems seinem ältesten Sohn, dem späteren Kaiser Titus.

Erst im September 70 konnte Titus die Belagerung von Jerusalem beenden und die Stadt erobern. Dabei wurde der Jerusalemer Tempel in Brand gesteckt und weitgehend zerstört. Nur die westliche Umfassungsmauer blieb bis heute erhalten. Jerusalem wurde weitgehend zerstört und war in den nächsten 60 Jahren kaum bewohnt.

Im Juni 71 kehrte Titus nach Rom zurück. Gemeinsam mit seinem Vater feierte er dort den aufwendigen Triumph über Judäa. Daran erinnert der Titusbogen auf dem Forum Romanum.

Die Kämpfe zogen sich noch weiter hin. Die letzte Festung Masada konnte erst 73/74 eingenommen werden.

Bilanz des Krieges: 1,1 Millionen tote Juden, weitere 97000 in Sklaverei.
Dennoch blieb der Großteil der jüdischen Bevölkerung in Judäa am Leben.


115-117, zur Zeit Trajans, gab es wieder einen jüdischen Aufstand - diesmal nur in den römischen Provinzen. Historisch ist er bekannt als Diaspora-Aufstand, als der Aufstand der Juden gegen Trajan oder als der zweite jüdisch-römischer Krieg.

Der Aufstand begann im Zweistromland, wo Trajan gegen die Parther Krieg führte. Juden aus Städten mit größerer judäischer Bevölkerung verbündeten sich mit den Truppen der Parther und gingen gegen die Römer vor.
Der Aufstand weitete sich auch in die Provinz Kyrene (heute Ost-Libyen) und nach Cypern aus. Die Aufständischen brannten Alexandria nieder. Im ägyptischen Theben gab es Plünderungen. Die Aufständischen töteten Römer und Griechen, in Kyrene allein 220000.
In Cypern wurde die Inselhauptstadt zerstört und 240000 Griechen umgebracht.
Nach der Niederschlagung des Aufstandes durch die Römer waren die betroffenen Gebiete nahezu entvölkert. Die jüdischen Gemeinden um Alexandria und um Babylon waren vernichtet.


132-135 war dann der Bar-Kochba-Aufstand, der dritte jüdisch-römisch Krieg.
Der Anlass des Aufstandes ist unklar. Man vermutet, dass die Errichtung einer römischen Stadt auf den Trümmern von Jerusalem Ursache gewesen sein könnte.

Ein Bar Kochba ("Sternensohn", eigentlicher Name vermutlich Ben Kosiba) wurde für den langerwarteten jüdischen Messias gehalten. Kaiser Hadrian ließ den Aufstand niederschlagen. 580000 Juden verloren ihr Leben, 50 Städte und 985 Dörfer wurden zerstört. Aber auch die römischen Truppen hatten immense Verluste.

Jerusalem wurde vollends zerstört. Juden wurde bei Androhung der Todesstrafe verboten, die Stadt zu betreten. Auf den Ruinen wurde eine römische Stadt, Aelia Capitolina errichtet. An die Stelle des ehemaligen jüdischen Tempels kam einer des Jupiter.

Das erste Schisma - Paulus und die Juden

Als Basis jeglichen christlichen Glaubens gilt die Auferstehung Jesu. Sie wurde von jeder Gemeinde der frühen Christen als Grundlage anerkannt und nicht bezweifelt.

Die Darstellung des Paulus ist die älteste über die Auferstehung Jesu und seiner Erscheinungen vor seinen Anhängern. Die Darstellungen in der Apg sind anders.
Dieser Mythos war der Beginn des Christentums.
Dass jedoch Jesus für unsere Sünden gestorben sein soll, wie es Paulus lehrte, war für die Judenchristen nicht vorstellbar (für manche Heidenchristen auch nicht).

Zeugnis der Auferstehung und anschließenden Erscheinung Jesu nach Paulus : 1Kor15,3-8
3  Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift;
4und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift;
5und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen.
6Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.
7Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.
8Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.

Jesus selbst war fest mit dem Judentum verbunden. Er wollte es verbessern. Wahrscheinlich konnte er nicht schreiben, verstand die griechische Sprache nicht und war mit der griechischen und römischen Kultur nicht vertraut.
Eine neue Religionsgemeinschaft zu gründen, lag nicht in seiner Absicht.

Jesus half zwar auch den Ausländern, aber Vorrang hatten die Juden. Das macht uns Mt15,21-28 deutlich. Und Jesus scheute sich nicht, die Nichtjuden mit Hunden zu vergleichen. Diese Arroganz vieler Juden gegen Nichtjuden war sehr verbreitet.
21  Danach verließ Jesus diese Gegend und wanderte bis in das Gebiet der Städte Tyrus und Sidon.
22Dort begegnete ihm eine kanaanitische Frau, die in der Nähe wohnte. Sie flehte ihn an: "Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem bösen Geist furchtbar gequält."
23Aber Jesus beachtete sie nicht. Seine Jünger drängten ihn: "Erfüll doch ihre Bitte! Sie schreit sonst dauernd hinter uns her."
24Da sagte er zu der Frau: "Ich habe nur den Auftrag, den Israeliten zu helfen, die sich von Gott abgewandt haben und wie verlorene Schafe umherirren."
25Sie kam aber noch näher, warf sich vor ihm nieder und bettelte: "Herr, hilf mir!" Aber Jesus antwortete wieder:
26"Es ist nicht richtig, wenn man den Kindern das Brot wegnimmt und es den Hunden vorwirft."
27"Ja, Herr", erwiderte die Frau, "aber die kleinen Hunde bekommen doch auch die Krümel, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen."
28Jesus antwortete ihr: "Dein Glaube ist groß. Was du erwartest, soll geschehen." Im selben Augenblick wurde ihre Tochter gesund.

Stellt Euch vor, im Deutschland unserer Tage bitte ein Fremder um Hilfe. Ein Angesprochener sagt dem Fremden, er helfe nur Deutschen. Im zweiten Satz sagt er dann: "Es ist nicht richtig, wenn man den Kindern das Brot wegnimmt und es den Hunden vorwirft."
Wie mag sich der Fremde fühlen! Jesus (oder die Evangelienschreiber) mussten noch viel dazulernen.

Nach Jesu Tod

Die Jünger Jesu flohen nach dessen Kreuzigung zuerst in ihre Heimat, meist Galiläa, zurück. Bald hatten sie jedoch Visionen von Jesus, und sie kamen wieder nach Jerusalem. Dort bildete sich die spätere urchristliche Gemeinde in Jerusalem. Diese bestand aus Jüngern Jesu und aus Juden, von denen erwartet wurde, dass sie alle Gebote und Verbote des jüdischen Gesetzes streng einhielten.
Es gab aber auch griechisch-sprachige Juden, die den neuen Glauben annahmen und schnell nach Antiochia und Damaskus verbreiteten.

Damaskus war eine makedonisch-griechische Polis von damals etwa 45000 Einwohnern. In der dortigen Gemeinde gab es bald auch Griechen, die den neuen Glauben schon vor Paulus angenommen hatten. Dort befolgten die Juden die jüdischen Gesetze auch nicht so streng wie in Jerusalem. Jerusalem ist weit weg, 210km, damals 7-8 Tagesreisen.
Juden und Griechen saßen bei Tisch zusammen, was das jüdische Gesetz verbot. Man war frei und ungezwungen miteinander. Die Griechen interessierten sich für die jüdische Religion, und die Aussagen des Jesus dürften sie beeindruckt haben. Die frühere Verfolgung durch Paulus geschah also wegen der Nichtbefolgung des jüdischen Gesetzes und betraf die Judenchristen.
Die neue Formel dieser Christen "Hier ist weder Jude noch Grieche, weder Sklave noch Freier, weder Mann noch Frau.." war eine Vision von der einen Menschheit. Das hatte in ihrer Vorstellung Jesus bewirkt. Durch seinen Sühnetod schenkte er seiner Gemeinde das ewige Leben.
Beim gemeinsamen Mahl gab er durch die göttlichen Substanzen Brot und Wein - sein Leib und sein Blut - Anteil an sich selbst. So trat dann auch das jüdische Gesetz bei den Judenchristen von Damaskus immer mehr in den Hintergrund.

Die Gegensätze zwischen der Gemeinde von Jerusalem und der Gemeinde von Damaskus waren enorm.
Für die Griechen war die Beschneidung und manche Gebote des jüdischen Gesetzes nicht akzeptabel.
Für Juden war aber die Vorstellung nicht akzeptabel, dass einer für die Sünden eines Anderen bestraft wird - was den Griechen nahezubringen war. Besonders verstört aber hat die Juden, dass sie gemäß der Lehre des Paulus nun nicht mehr Gottes alleiniges Volk sein sollten.
Zudem bestanden die Juden auf der Einhaltung des jüdischen Gesetzes, und sie lehnten die Rechtfertigungslehre des Paulus ab. (Siehe meinen anderen Artikel zur Jerusalemer Gemeinde)
Man kann deshalb sogar von zwei verschiedenen Religionen sprechen.

Auf diese Weise gab es nun Zwietracht und Streit zwischen
Paulus bemühte sich um einen Konsens bei den Christen. Man einigte sich beim Apostelkonzil in Jerusalem, dass die Jerusalemer Gemeinde für die Judenchristen sorgte, während Paulus für die Heidenchristen missionierte. Ein fauler Kompromiss. Man kann auch von einer Trennung sprechen. Denn bei einem Treffen in Antiochia, sorgte Jakobus, der Bruder des Herrn, dafür, dass die Vertreter aus Jerusalem die Tischgemeinschaft mit den Heidenchristen vermieden. (Gal2,11-13)

Die Auseinandersetzungen mit den Juden aber verstärkten sich. Schon Jesus hatte mit einigen Juden seine Probleme, vornehmlich mit den Schriftgelehrten und Pharisäern. Auch Paulus wurde von vielen Juden abgelehnt, ja sogar verfolgt. Obwohl Paulus, wenn er an einen neuen Ort kam, zuerst in der Synagoge seine Missionsarbeit begann, kamen nur wenige zum Christentum. Viele verurteilten ihn und leiteten seine Verfolgung ein. (Apg17,1-2,10-13)

Verfolgung durch Juden, notiert um 40nuZ : 1Thes2,14-16
14  Ihr, liebe Brüder und Schwestern, wurdet wegen eures Glaubens genauso verfolgt wie die Christen in Judäa. Sie hatten von den Juden dasselbe zu erleiden wie ihr von euren Landsleuten.
15Die Juden haben Jesus Christus getötet, wie sie vorher schon ihre Propheten töteten (Neh9,26), und jetzt verfolgen sie auch uns. So missfallen sie Gott. Mit aller Welt sind sie verfeindet,
16und auch uns wollen sie mit allen Mitteln daran hindern, den Nichtjuden die rettende Botschaft von Jesus Christus zu verkünden. Das Maß ihrer Sünden ist voll; Gottes Zorn lässt sich nicht mehr abwenden. Er wird sie in ganzer Härte treffen.

Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schreibt im 1.Jh.u.Z. in Historien V 5 über die Juden : "...bestehen unter sich starr auf Treue und Glauben..., während sie gegen alle Nichtjuden eine gehässige und feindselige Haltung einnehmen..."

Bei der Gründung einer neuen Gemeinde hatte Paulus bei den örtlichen Griechen mehr Erfolg als bei den Juden. So bildeten dann die Heidenchristen den Grundstock der neuen christlichen Gemeinden.

Bei den Heidenchristen hatte Paulus die Aufhebung des jüdischen Gesetzes gepredigt, also auch den Verzicht auf die Beschneidung. Als dann aber Vertreter aus Jerusalem in Gebieten, die Paulus schon missioniert hatte, ihre Version verbreiteten, gab es Verwirrung unter den Gläubigen. Die Judenchristen forderten nämlich die Befolgung des jüdischen Gesetzes und die Beschneidung. Paulus war verärgert.

Es gibt nur einen Weg zu Gott : Gal1,6-10
6Ich wundere mich sehr über euch. Gott hat euch doch in seiner Gnade das neue Leben durch Jesus Christus geschenkt, und ihr seid so schnell bereit, ihm wieder den Rücken zu kehren. Ihr meint, einen anderen Weg zur Rettung gefunden zu haben?
7Doch es gibt keinen anderen! Es gibt nur gewisse Leute, die unter euch Verwirrung stiften, indem sie die Botschaft von Christus verfälschen.
8Wer euch aber einen anderen Weg zum Heil zeigen will als die rettende Botschaft, die wir euch verkündet haben, den wird Gottes Urteil treffen - auch wenn wir selbst das tun würden oder gar ein Engel vom Himmel.
9Ich sage es noch einmal: Wer euch eine andere Botschaft verkündet, als ihr angenommen habt, den wird Gottes Urteil treffen!
10  Rede ich den Menschen nach dem Munde, oder geht es mir darum, Gott zu gefallen? Erwarte ich, dass die Menschen mir Beifall klatschen? Dann würde ich nicht länger Christus dienen.

Und Paulus schimpft über die falschen Apostel
Satan : 2Kor11,13-15
13  Denn sie sind falsche Apostel, Betrüger, die lediglich behaupten, sie seien Apostel Christi.
14Aber das ist nicht weiter verwunderlich! Gibt sich nicht sogar der Satan als Engel Gottes aus?
15Kein Wunder, wenn auch seine Helfer als Diener Gottes auftreten! Doch sie werden ihr verdientes Ende finden.
oder
Beschneidung : Phil3,2-3
2  Hütet euch aber vor allen, die eure Gemeinde zerstören wollen. Sie sind wie bösartige Hunde, diese falschen Lehrer, die euch einreden wollen, dass ihr euch beschneiden lassen müsst.
3Nicht durch die Beschneidung sind wir Gottes Volk, sondern weil Gott uns seinen Geist geschenkt hat und wir ihm dienen. Wir verlassen uns auf Jesus Christus und nicht länger auf das, was wir selbst tun können.


Bis zum Jahr 70 vertieften sich die Gegensätze zwischen Judenchristen und Heidenchristen immer mehr. Aber auch in der Gemeinde von Jerusalem gab es immer mehr Gegensätze zwischen Juden und den Judenchristen, wobei die Steinigung des Jakobus, des Bruders Jesu, auf Betreiben des Hohenpriesters Hannas II, einen Höhepunkt darstellt.

Nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 waren die Judenchristen nicht mehr von großer Bedeutung.
In einem eigenen Artikel habe ich über die Jerusalemer Urchristen-Gemeinde geschrieben.

In seiner Apostelgeschichte versuchte Lukas dennoch jeden möglichen Streit zwischen Judenchristen und Heidenchristen zu schlichten. Auch das Verhalten der Römer beschönigte er. Ihre Massaker und die Tötung des Paulus schrieb er nicht auf.
Aber die Evangelisten, am Ende auch Lukas, interpretierten die Zerstörung von Jerusalem dann doch als Strafe Gottes, weil die Juden Jesus getötet hätten.
Gott habe sich von den Juden abgewendet und sein Reich nun den Christen gegeben.

Dies gipfelte schließlich in einigen judenfeindlichen Aussagen in den Evangelien.
Laut Joh8,44 sagt Jesus zu den Juden sogar "Ihr habt den Teufel zum Vater."

Nachwirkungen der Zerstörung von Jerusalem in den Evangelien

Von den bösen Weingärtnern : Mk12,1-12
Wenn Jesus zu den Menschen redete, gebrauchte er oft Gleichnisse. So erzählte er:
1  ... "Ein Mann legte einen Weinberg an, zäunte ihn ein, stellte eine Weinpresse auf und baute einen Wachturm. Dann verpachtete er den Weinberg an einige Weinbauern und reiste ins Ausland.
2Zur Zeit der Weinlese beauftragte er einen Knecht, den vereinbarten Anteil an der Ernte abzuholen.
3Aber die Weinbauern schlugen den Knecht nieder und jagten ihn mit leeren Händen davon.
4Da schickte der Besitzer einen zweiten Boten. Auch den beschimpften sie und schlugen ihm den Kopf blutig.
5Den dritten Boten des Weinbergbesitzers brachten sie um. Immer wieder versuchte der Besitzer, zu seinem Ernteanteil zu kommen. Doch alle, die in seinem Auftrag kamen, wurden verprügelt oder sogar getötet.
6Nun blieb nur noch einer übrig: sein einziger Sohn, den er sehr liebte. Ihn schickte er zuletzt. 'Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben', sagte er sich.
7Aber die Weinbauern waren sich einig: 'Jetzt kommt der Erbe! Den bringen wir um, und dann gehört der Weinberg endgültig uns.'
8Sie ergriffen ihn, schlugen ihn tot und warfen ihn vor den Weinberg.
9Was - meint ihr - wird der Besitzer des Weinbergs jetzt wohl tun? Er wird selbst kommen, die Weinbauern töten und seinen Weinberg an andere verpachten.
10Habt ihr nicht in der Heiligen Schrift gelesen: 'Der Stein, den die Bauarbeiter weggeworfen haben, weil sie ihn für unbrauchbar hielten, ist nun zum Grundstein des ganzen Hauses geworden.
11Was keiner für möglich gehalten hat, das tut der Herr vor unseren Augen.' ?"
12Am liebsten hätten die Hohenpriester, Schriftgelehrten und führenden Männer des Volkes Jesus gleich festgenommen. Sie hatten verstanden, dass er in diesem Gleichnis von ihnen gesprochen hatte. Aber sie wagten sich nicht an ihn heran, weil sie vor dem Volk Angst hatten. So ließen sie ihn in Ruhe und gingen weg.

Kommentar

Hätte Jesus dieses Gleichnis wirklich so vor dem Volk gebracht - keiner hätte es damals so verstanden, wie die Verse 10-12 es uns erläutern.
Zu Lebzeiten Jesu wussten die Zuhörer nun einmal nicht, dass Jesus auf Betreiben der jüdischen Autoritäten gekreuzigt werden würde. Dass Juden manche Propheten umgebracht haben, war aber bekannt. (siehe Neh9,26)
Die Aussage des Gleichnisses ist : "Weil die jüdischen Oberen Jesus ermordet haben, werden sie selbst getötet, und Israel wird den Heiden gegeben."

Die Verse 10-12 sind nicht von Jesus, sondern wurden von Markus beigefügt. Die Zerstörung Jerusalems wird dann noch als Strafe Gottes interpretiert, weil die Juden Jesus getötet haben.

Eine Generalabrechnung mit den Schriftgelehrten und Pharisäern findet man in Mt23,1-39.

Auffällig ist in den Evangelien noch das Beschönigen der Taten der Römer. Pilatus wird als milder und einsichtsvoller Herrscher dargestellt, was er nun wirklich nicht war.
Jesus wurde von den Römern gekreuzigt, nicht von den Juden. Die Juden waren aber die treibende Kraft, die zur Kreuzigung führte.
Vor der Kreuzigung fand ein römisches Gerichtsverfahren statt.
Jesus wurde wegen eines politischen Verbrechens verurteilt.
Aus römischer Sicht wollte er König der Juden werden.


Der Brief des Apostels Paulus an die Römer

Der Römerbrief ist der umfassendste und letzte des Paulus. Er wurde vor seiner letzten Jerusalemreise (nach Lüdemann 54, nach Wikipedia etwa um 56-58) in Korinth verfasst.
Die Christengemeinden waren überall gewachsen. Die Gemeinde in Rom war nicht von Paulus gegründet worden. Die meisten genannten dortigen Gemeindemitglieder haben keine typisch römischen Namen, es waren wohl Sklaven und Freigelassene. Ein Drittel der Namen nennt Frauen, so auch die Apostelin Junia.

Seine größte Wirkung entfaltete der Römerbrief in der Reformationszeit. Martin Luther formulierte seine Rechtfertigungslehre vor allem mit Berufung auf den Römerbrief. Dass allein Gottes Gnade und nicht die guten Werke den Menschen vor Gott gerecht sein lässt, wurde später zentrales Element der Reformation. Philipp Melanchthon nannte den Römerbrief das compendium theologiae christianae - die Zusammenfassung der christlichen Theologie. In den folgenden Jahrhunderten herrschte in den protestantischen Kirchen ein dogmatisch-lehrhaftes Verständnis des Römerbriefs vor.

In den Kapiteln 1-11 des Römerbriefes legt Paulus seine Theologie insgesamt noch einmal dar. Demnach sind alle Menschen Sünder, die aber durch den Glauben vor Gott gerechtfertigt werden - nicht durch das Jüdische Gesetz, denn das kannten die Heiden ja nicht. Und vor Gott sind alle Menschen gleich.
Da Judenchristen und auch Heidenchristen gleichermaßen Sünder sind, ist das genaue Befolgen des Jüdischen Gesetzes nicht mehr nötig.
Durch Adam kam die Sünde und damit der Tod in die Welt. Das hat Jesus Christus für uns wieder gut gemacht und Gott schenkt uns das ewige Leben. Augustinus hat daraus die Lehre von der Erbsünde entwickelt.
Die Aussagen der Kapitel 1-11 wurden beim Galaterbrief und in einzelnen Ausschnitten aus dem 1. Korintherbrief schon weitgehend behandelt.
Die weiteren Kapitel sind eine wertvolle Hilfe, den Umgang unter Menschen einfacher, angenehmer und würdevoller zu gestalten. Das ist eine weitere große Hilfe des Christentums.

Die Menschenwürde

Durch die Taufe steht der Mensch unter der Gnade Gottes. Der Heilige Geist soll nun sein Leben bestimmen. In Kapitel 12 gibt er den Christen Hinweise dazu. Ganz besonders wichtig ist dabei die Liebe oder spezieller, die Nächstenliebe.
Leider ist das Wort "Liebe" im heutigen deutschen Sprachgebrauch weitgehend auf Sexualität ausgerichtet und kann somit den biblischen Gebrauch nicht wiedergeben. In der griechischen Ausgabe des Römerbriefs wird das Wort Agape verwendet. In der Vulgata, der ältesten lateinischen Übersetzung, wird das Wort Caritas verwendet. Es bedeutet Hochachtung und Wertschätzung.

Somit bedeutet das biblische Wort "Nächstenliebe", dem Gegenüber Würde geben - wer auch immer es sei. (Siehe auch Menschenwürde.)

Ich habe das Wort "Liebe" im Folgenden durch Hochachtung ersetzt. Röm12,9-18 sagt uns dann :
 9 Eure Hochachtung soll aufrichtig sein. Und wie ihr das Böse hassen müsst, sollt ihr das Gute achten.
10Seid in herzlicher Hochachtung miteinander verbunden, gegenseitige Rücksicht soll euer Zusammenleben bestimmen.
11Bewältigt eure Aufgaben mit Fleiß, und werdet nicht nachlässig. Lasst euch ganz von Gottes Geist durchdringen, und dient Gott, dem Herrn.
12Seid fröhlich in der Hoffnung darauf, dass Gott seine Zusagen erfüllt. Seid standhaft, wenn ihr verfolgt werdet. Und lasst euch durch nichts vom Gebet abbringen.
13Helft anderen Christen, die in Not geraten sind, und seid gastfreundlich!
14Bittet Gott um seinen Segen für alle, die euch verfolgen, ja, betet für sie, anstatt sie zu verfluchen.
15 Freut euch mit den Fröhlichen! Weint aber auch mit den Trauernden!
16Seid einmütig untereinander! Strebt nicht hoch hinaus, und seid euch auch für geringe Aufgaben nicht zu schade. Hütet euch vor Selbstüberschätzung und Besserwisserei.
17Vergeltet niemals Unrecht mit neuem Unrecht. Euer Verhalten soll bei allen Menschen als ehrbar gelten.
18Soweit es irgend möglich ist und von euch abhängt, lebt mit allen Menschen in Frieden.

Das Kapitel 12 endet mit den Worten
Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen; ist er durstig, gib ihm zu trinken. So wirst du glühende Kohlen auf sein Haupt häufen. Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute.

Der Christ und die staatliche Ordnung

Paulus fordert in Kapitel 13 Gehorsam gegenüber der staatlichen Ordnung : Röm13,1-10
1  Jeder soll sich den bestehenden staatlichen Gewalten unterordnen. Denn es gibt keine staatliche Macht, die nicht von Gott kommt; jede ist von Gott eingesetzt.
2 Wer sich also den Regierenden widersetzt, handelt gegen die von Gott eingesetzte Ordnung und wird dafür von ihm verurteilt werden.
3Wer gut und richtig handelt, braucht die staatliche Macht ohnehin nicht zu fürchten; das muss nur, wer Böses tut. Wollt ihr also ohne Angst vor Bestrafung leben, dann tut, was richtig und gut ist, und euer Verhalten wird Anerkennung finden.
4Die öffentliche Gewalt steht im Dienst Gottes zum Nutzen jedes Einzelnen. Wer aber Unrecht tut, muss sie fürchten, denn Gott hat ihr nicht ohne Grund die Macht übertragen, Strafen zu verhängen. Sie handelt im Auftrag Gottes, wenn sie alle bestraft, die Böses tun.
5Es sind also zwei Gründe, weshalb ihr euch der staatlichen Macht unterordnen müsst: Zum einen ist es das drohende Urteil Gottes, zum anderen aber auch euer Gewissen.
6Und weil die Vertreter des Staates ihren Dienst im Auftrag Gottes ausüben, zahlt ihr Steuern.
7Gebt also jedem, was ihr ihm schuldig seid. Zahlt die Steuern, die man von euch verlangt, ebenso den Zoll. Unterstellt euch der staatlichen Macht, und erweist denen, die Anspruch darauf haben, den notwendigen Respekt.
Bleibt keinem etwas schuldig! Eine Verpflichtung allerdings könnt ihr nie ein für alle Mal erfüllen: eure Hochachtung untereinander. Nur wer seine Mitmenschen achtet, der hat Gottes Gesetz erfüllt.
9Die Gebote: "Du sollst nicht die Ehe brechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; begehre nicht, was anderen gehört" und alle anderen Gebote lassen sich in einem Satz zusammenfassen: "Hochachte deinen Mitmenschen wie dich selbst."
10Denn wer seinen Mitmenschen achtet, tut ihm nichts Böses. So wird durch die Hochachtung das ganze Gesetz erfüllt.

Kommentar
Paulus setzt voraus, dass der Staat von Gott kommt. Opposition will er nicht. Der Regent ist von Gott eingesetzt. Gemäß dieser Ansicht haben Christen jeden noch so üblen Tyrannen zu verehren, selbst wenn dieser mit allen nur erdenklichen Verbrechen an die Macht kam.
Diese Ideologie führte im Mittelalter zum Gottesgnadentum. Der Regent wird durch Gottes Gnade zum Herrscher, und es ist Gottes Wille, sich von ihm widerspruchslos beherrschen zu lassen.
Erst in der Aufklärung setzte sich der Grundsatz durch, dass alle Menschen gleich geschaffen sind.
Im Staat der Römer sicherte aber diese Einstellung letztlich das Überleben des Christentums - zuletzt wurde es auf diese Art sogar Staatsreligion.
Selbst die Märtyrer verehrten den Staat, denn Gott benützt den Staat, um sie in seine Herrlichkeit zu holen.

Toleranz

Das Kapitel 14 und der Anfang von Kapitel 15 ist eine Aufforderung zur gegenseitigen Toleranz oder vom würdigen Umgang miteinander. So heißt es in Röm14,1-4,19-22:
 1 Nehmt auch den ohne Vorbehalte an, dessen Glaube noch schwach ist. Verwirrt ihn nicht noch dadurch, dass ihr über unterschiedliche Ansichten streitet.
 2 So essen die einen guten Gewissens alles, während andere meinen, kein Fleisch essen zu dürfen.
 3 Niemand sollte deswegen auf die verächtlich herabschauen, die bestimmte Speisen meiden. Diese wiederum dürfen niemanden verurteilen, weil er das Fleisch der Opfertiere isst. Denn Gott hat den einen wie den anderen in seine Gemeinschaft aufgenommen.
 4 Du bist nicht der Herr deines Mitmenschen. Mit welchem Recht willst du ihn also verurteilen? Ob er im Glauben standfest bleibt oder ob er fällt, ist eine Sache zwischen ihm und Gott, seinem Herrn. Und er wird im Glauben festbleiben, denn der Herr hält ihn.
19 Deshalb wollen wir uns mit allen Kräften darum bemühen, in Frieden miteinander zu leben und einander im Glauben zu stärken.
20Gott hat eure Gemeinde aufgebaut. Zerstört nicht sein Werk wegen irgendwelcher Speisevorschriften. Zwar sind in Gottes Augen alle Speisen rein. Manche Christen aber kommen in Gewissensnöte, wenn sie bestimmte Speisen essen. Damit schaden sie sich selbst.
21Deswegen isst du besser kein Fleisch, trinkst keinen Wein und vermeidest überhaupt alles, was einen anderen Christen zu Fall bringt.
22Wovon du persönlich überzeugt bist, ist eine Sache zwischen dir und Gott. Glücklich ist, wer mit seiner Überzeugung vor dem eigenen Gewissen bestehen kann und sich nicht selbst verurteilen muss.

Kapitel 15 bekräftigt das noch einmal. Es heißt dort :
Jeder von uns soll sich so verhalten, dass er seinen Mitmenschen zum Guten ermutigt und ihn im Glauben stärkt. (Röm15,2)
Danach erzählt Paulus noch seine weiteren Reiseplane (er will auch nach Spanien) und lässt Grüße ausrichten.

Paulus und die Griechen

Bei den Griechen fand Paulus wohl die meisten Anhänger seiner neuen Religion. Aber bei den Griechen fand er auch die meisten Menschen, die seine Ansichten hinterfragten, sie kritisierten und sogar darüber spotteten. Denn es gibt sehr viele offene Fragen und Widersprüche in der christlichen Religion.
Ganz anders als bei den Juden wurde er jedoch nicht als Gegner oder religiöser Feind oder Frevler angesehen. Man ließ ihn gewähren.
Nur mit den Silberschmieden in Ephesus hatte er Probleme. Sie verkauften Nachbildungen des Artemis-Tempels. Und wegen der Missionierung des Paulus befürchteten sie Geschäftseinbußen. In ihren Augen war Paulus ein Unruhestifter oder gar Betrüger, der die Bürger mit einer neuen, bösen Religion verunsicherte. (Apg19,23-40)

Die neue Religion hatte durchaus ihren Reiz. Ihren Göttern waren die Griechen ohnehin nicht allzusehr verbunden. Nach der der griechischen Mythologie erwartete sie nach dem Tode die Unterwelt des Gottes Hades, wo sie nur noch als Schatten in der Dunkelheit weiter existieren konnten.
Paulus aber sprach von einem Gott, der die an ihn Glaubenden nach deren Tod in das Reich seiner Herrlichkeit aufnehmen würde. In diesem Reich gäbe es nur noch Frieden, Freude und Nächstenliebe.
Die Voraussetzungen für diese Zukunft war nur der Glaube an diesen neuen Gott. Dann musste man noch gewisse Laster aufgeben. Die Mitglieder der neuen Gemeinschaft waren hilfsbereit, freundlich und vermieden Zank.
Wer also nicht gerade zu seinem Geld kam durch Streiterei, Gewalttätigkeit, Bordellen, Betrug und mit anderen Götterkulten, der konnte durchaus begeistert sein. Wer aufgrund seiner Geschäftstätigkeit ausgeschlossen war, der blieb eben bei seinem bisherigen Glauben, und nach dem Tod kam er in der Unterwelt des Hades. Es änderte sich für ihn nichts.
Die spätere Angstmacherei mit der ewigen Folter in der Hölle verbreitete Paulus noch nicht.

Aber die Griechen stellten auch Fragen. Wenn sie überhaupt mal akzeptiert haben, dass Jesus vom Tode auferweckt worden sei, so dürften sich naturphilosophisch geschulter Griechen auch für die Wiederkunft Christi interessiert haben. Wie schon oben beschrieben, gab es da doch einige Fragen, denen Paulus nicht gewachsen war.
Wenn sie jedoch völlig ihre Logik ausspielten war Paulus mit seiner Religion am Ende. Einige ihrer Argumentationen dürften Paulus sehr bedrängt haben. So war sein Auftritt in Athen (Apg17,16-34) ein Desaster, was ihn nachhaltig bedrückt hat.
Er schrieb darauf (1Kor1,22-25):
  22  Die Juden wollen Wunder sehen, und die Griechen suchen nach Weisheit.
  23  Wir aber verkünden den Menschen, dass Christus, der von Gott erwählte Retter, am Kreuz sterben musste. Für die Juden ist diese Botschaft eine Gotteslästerung und für die Griechen blanker Unsinn.
  24  Und dennoch erfahren alle, die von Gott berufen sind - Juden wie Griechen -, gerade in diesem gekreuzigten Christus Gottes Kraft und Gottes Weisheit.
  25  Was Gott getan hat, übersteigt alle menschliche Weisheit, auch wenn es unsinnig erscheint; und was bei ihm wie Schwäche aussieht, übertrifft alle menschliche Stärke.

Das Christentum nach des Paulus Tod

Paulus hat zwar den Grundstock der christlichen Religion gelegt, aber er hat auch eine Menge Fragen offen gelassen. Seine Nachfolger mussten sich dann mit diesen Fragen auseinander setzen und sie regeln.
Da Paulus die verschiedenen Visionen seiner Gläubigen recht gerne in seinen Gottesdiensten nützte, kamen so auch recht unterschiedliche, sich oft widersprechende Glaubensversionen zustande.
Aus diesem Grund wohl findet man in den späteren christlichen Schriften immer wieder Warnungen von falschen Lehren und auch vor falschen Brüdern.
Und es sind nicht etwa Judenchristen, die hier abweichende Haltungen äußern, sondern allesamt Schüler des Paulus.

Die Briefe an die Kolosser und an die Epheser

Um die Zeit nach Paulus zu beschreiben, beginne ich mit dem Brief an die Kolosser. Er ist wahrscheinlich kurz nach des Paulus Tod entstanden, mit ziemlicher Gewissheit aber vor den Evangelien.

Es gibt da eine Legende, die auf einer wahren Geschichte beruht. Philemon, ein Christ aus Kolossai, hatte einen Sklaven Onesimus. Eines Tages entfloh der Sklave zu Paulus, der damals in Ephesus im Gefängnis saß. Der Sklave wollte Christ werden, und Paulus taufte ihn.
Nach damaligem Recht war Onesimus aber Eigentum des Philemon. Nun schrieb Paulus den Brief an Philemon. Darin bat Paulus den Philemon, ihm doch den Sklaven Onesimus zu überlassen. Paulus sandte dann den Onesimus mit dem Brief zurück zu Philemon. Im Brief bat Paulus um Milde gegenüber Onesimus.
Der Legende nach kam der Sklave dann zurück zu Paulus. Später wurde Philemon Bischof von Kolossai. Onesimus dagegen soll Bischof von Ephesus geworden sein, wo er die erste Sammlung von Paulusbriefen angelegt haben soll. Den theologisch an sich unbedeutenden Brief an Philemon hat er wohl in die Sammlung aufgenommen, weil der Brief für ihn selbst bedeutsam war.
Es gibt Annahmen, dass Onesimus auch der (Mit-)Verfasser des Kolosser- und des Epheserbriefs gewesen sei.
Nach einer anderen Quelle war Onesimus Bischof von Byzantium, wo er im Jahr 68 als Märthyrer gesteinigt wurde. Es könnte sich aber auch um zwei verschiedene Personen mit gleichem Namen gehandelt haben.

Kolossai war damals eine Stadt in Kleinasien. Paulus selbst war nie dort. Kolossai wurde bereits 60/61 durch ein Erdbeben zerstört. Die Stadt hat aber weiter existiert - wenn auch kleiner. Erst im 8. Jahrhundert, wahrscheinlich nach einem weiteren Erdbeben, wurde der Ort aufgegeben, und die Einwohner zogen ins 4km südlich gelegene Chonai (heute Honaz).

Es ist umstritten, ob der Brief an die Christen in Kolossai (lateinisch Colossae) von Paulus selbst stammt, oder ob er nach des Paulus Tod von Paulusschülern geschrieben wurde. Wenn er von Paulus stammt, sind die Jahre 53-56 oder 58-60 möglich. Wurde er von seinen Schülern geschrieben, so ist er etwa um das Jahr 70 entstanden.
Der Brief ist nicht nur für die Gemeinde in Kolossai, sondern auch für die in Laodikeia (heute eine Ruinenstätte 6km nördlich von Denizli) bestimmt. Vielleicht wurde Laodikeia auch als zweiter Adressat genannt, weil Kolossai damals in Trümmern lag.

Der Brief ist wegen seines Christushymnus (Kol1,15-20) von Bedeutung, der über das, was Paulus bisher gepredigt hat, deutlich hinaus geht und Jesus eine kosmische Bedeutung gibt.
Einen vergleichbaren Christushymnus (lobpreisendes Kirchenlied) gibt es schon im Philipperbrief (Phil2,6-11), einem echten Paulusbrief.
Neu im Kolosserbrief sind die Aussagen

Der Zweck des Briefes ist eine Warnung vor esoterischen Irrlehren, die damals in Kolossai bei Christen verbreitet waren. Danach sollten Ess- und Trinkgewohnheiten, bestimmte Feiertage und Gebote zum Sabbat befolgt werden. Auch ein Engelkult soll dabei gewesen sein. Die genannten Verhaltensregeln wurden verurteilt als von Menschen erdacht, und sie hätten überhaupt nichts mit der Ehrfurcht vor Gott zu tun. (Kol2,16-23)

Der Brief an die Epheser wird von der Mehrheit der Theologen einem Schüler des Paulus zugesprochen. Der Brief sei ca. 70-90 entstanden. Aufgrund von Textvergleichen nimmt man an, dass der Verfasser des Epheserbriefs auch der Verfasser des Kolosserbriefs ist.
Ursprünglich war der Epheserbrief auch gar nicht als ein Brief gedacht.
Vielmehr ist es eine Zusammenfassung der Lehre des Paulus in der Form einer Predigt. Der Text hat in der ersten bekannten Fassung auch keine Adresse. Erst in späteren Ausgaben wurde die Adresse Ephesus eingesetzt. Sicherlich war der Text als Einleitung einer Sammlung von Paulusbriefen vorgesehen.
Es werden alle Aussagen des Paulus aus seinen Briefen wiederholt. Nur die Aussagen aus den Pastoralbriefen fehlen noch - die kamen ja auch erst viel später.
Christus wird im Epheserbrief erhöht wie schon im Kolosserbrief. Er ist der Schöpfer und Vollender aller Dinge, und die Gemeinde ist sein Leib. (Eph1,19-23)
 19 Ihr sollt erfahren, mit welcher unermesslich großen Kraft Gott in uns, den Glaubenden, wirkt. Ist es doch dieselbe gewaltige Kraft,
 20 mit der er am Werk war, als er Christus von den Toten auferweckte und ihm in der himmlischen Welt den Ehrenplatz an seiner rechten Seite gab!
 21 Mit ihr hat Gott ihn zum Herrscher eingesetzt über alle Mächte und Gewalten, über alle Kräfte und Herrschaften, ja, über alles, was Rang und Namen hat in dieser und in der zukünftigen Welt.
 22 Alles hat Gott ihm zu Füßen gelegt und ihn, den höchsten Herrn, zum Haupt seiner Gemeinde gemacht.
 23 Sie ist sein Leib: Der Schöpfer und Vollender aller Dinge lebt in ihr mit seiner ganzen Fülle.

Neu ist die Aussage über Gottes Plan der Erlösung schon vor der Schöpfung. (Eph3,9-11)
 9 Allen darf ich erklären, was Gott, der das Weltall geschaffen hat, von Anfang an mit uns Menschen vorhatte und was bisher verborgen blieb.
10 Jetzt sollen alle Mächte und Gewalten der himmlischen Welt an der Gemeinde die unerschöpfliche Weisheit Gottes erkennen.
11 Alle sollen nun wissen, dass Gott seinen ewigen Plan durch unseren Herrn Jesus Christus verwirklicht hat.

Den Epheserbrief kann man somit als Manifest zur eigentlichen Gründung der Kirche und der christlichen Religion ansehen.
Der Kolosserbrief - sein Vorgänger - war schon in den ältesten Sammlungen von Paulusbriefen enthalten.
Er dürfte die Schreiber der Evangelien nachhaltig beeinflusst haben.

Die Wiederkunft Christi und der 2. Thessalonicherbrief

Am Ende des 1. Jahrhunderts war die Frage nach der Wiederkunft Jesu am dringendsten. In 1Thes4,15 steht:
Wir, die beim Kommen des Herrn noch am Leben sind, werden gegenüber den Toten nichts voraushaben. (siehe oben)
Im Jahr 40 erwartete Paulus die Wiederkunft Jesus noch in der jetzigen Generation, und er predigte das auch. Seine Schüler übertrieben dabei manchmal. Es gab Fälle, wo Christen in Erwartung der anstehenden Wiederkunft sogar ihren ganzen Besitz verkauft hatten und danach betteln mussten. (Ketzer S.123f) Als nach des Paulus Tod der Herr immer noch nicht gekommen war, musste eine Erklärung erfolgen.
So schrieb ein Paulusschüler Ende des 1. Jahrhunderts (oder auch später) den 2. Thessalonicherbrief, der den 1. Brief ersetzen sollte.

Die entscheidende Stelle des Briefes findet man in 2Thes2,2-8
 2 Lasst euch doch nicht so leicht verwirren und erschrecken, wenn Leute behaupten, der Tag, an dem der Herr kommt, sei schon da. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie sich auf eine Offenbarung Gottes berufen oder auf eine Äußerung, die angeblich von uns stammt. Glaubt ihnen auch nicht, wenn sie euch Briefe mit derartigen Behauptungen zeigen, die wir geschrieben haben sollen.
 3 Lasst euch von niemandem so etwas einreden und euch durch nichts täuschen! Denn bevor Christus erscheint, muss die Zeit kommen, in der viele Menschen Gott den Rücken kehren. Dann wird jemand auftreten, der alle Auflehnung gegen Gott in sich vereinigt. Doch er ist dem Untergang geweiht.
 4 Er ist der Feind Gottes (der Antichrist) und wähnt sich größer als jeder Gott und alles, was als heilig verehrt wird. Ja, er wird sich in den Tempel Gottes setzen und sich selbst als Gott anbeten lassen.
 5 Erinnert ihr euch nicht daran, dass ich euch das alles schon gesagt habe, als ich noch bei euch war?
 6 Dann wisst ihr doch auch, was den Feind Gottes daran hindert, schon jetzt zu erscheinen, noch vor der für ihn bestimmten Zeit.
 7 Denn es regt sich zwar schon überall diese verborgene Macht des Bösen, aber noch wird sie von dem einen aufgehalten. Sie wird erst offen zutage treten, wenn derjenige, der ihr bisher noch im Weg steht, nicht mehr da ist.
 8 Dann allerdings erscheint der Feind Gottes in aller Öffentlichkeit. Wenn aber Jesus, der Herr, in seiner Herrlichkeit kommt, wird er ihn endgültig vernichten. Ein Hauch seines Mundes genügt.

Der Ausschnitt besagt, dass irgendwann erst noch der "Antichrist" kommen müsse, bevor der Herr wiederkommt. Alle anders lautenden Briefe, auch jene angeblich von Paulus stammenden, seien falsch.
Der Verfasser verurteilt so indirekt den 1. Thessalonicherbrief, nennt ihn eine Fälschung. Offensichtlich waren solche Fälschungen damals verbreitet.
Es stört den Verfasser nicht, dass er hier selbst eine Fälschung begeht.
Dennoch sind der 1. und der 2. Thessalonicherbrief in den Sammlungen der Paulusbriefe friedlich nebeneinander enthalten. Die Christen verstanden den 2. Thessalonicherbrief eben als zusätzliche Hinweise zum Glauben, nicht aber als Gegensatz zur bisherigen Lehre.
Der Brief nährt außerdem die Legende vom Antichristen, der im 1. Johannesbrief auftaucht und dessen Untaten später im Mittelalter immer mehr mystifiziert wurden.

Die Pastoralbriefe

Zu den Pastoralbriefen zählen der 1. und 2. Brief an Timotheus und der Brief an Titus. Es sind Briefe, die Anordnungen, Weissagen und Mahnungen enthalten. Sie sollen zur Leitung der Gemeinde und zur Ausführung des Hirtenamtes dienen. Aufgrund von Hinweisen aus dem Inhalt (2Tim4,6) scheinen die Briefe kurz vor des Paulus Tod geschrieben worden sein. Manche Theologen nehmen an, dass Polykarp von Smyrna sie um 140 herum verfasst habe. (Smyrna heißt heute Izmir.) Man hat die Briefe mit anderen Texten des Paulus verglichen und stilistische Unterschiede gefunden. Auch die Orts-, Zeit- und Personenangaben passen nicht in die Zeit des Paulus. Deshalb wird in den heutigen theologischen Lehrbüchern die paulinische Verfasserschaft der Pastoralbriefe bestritten.
Die Briefe sind auch erst in einer Sammlung von Paulusbriefen aus dem Jahr 180 enthalten. Frühere Sammlungen der Paulusbriefe, etwa eine von 120, enthalten die Pastoralbriefe nicht.
Damit gehören die Pastoralbriefe in eine Zeit 75 Jahre nach des Paulus Tod! Das Christentum hatte sich in dieser Zeit enorm weiterentwickelt. Man bedenke dabei auch noch, dass Paulus nur vom Jahr 35 bis zum Jahr 55 selbst aktiv missioniert hatte.

Im 1. Timotheusbrief wird bei den Anweisungen für Leiter der Gemeinde, also Älteste (Presbyter, Priester) oder Hirten (Episkopen, Bischöfe) wird Verheiratet-Sein mehrfach gefordert. So steht in 1Tim3,1-2, diesmal übersetzt nach Luther:
 1 Das ist gewisslich wahr: Wenn jemand ein Bischofsamt erstrebt, begehrt er eine hohe Aufgabe.
 2 Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, besonnen, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren,...
Das Zitat "soll Mann einer einzigen Frau sein" für einen Ältesten oder einen Bischof wird auch in Tit1,6 wiederholt.
Die römisch-katholische Kirche hat aus "soll Mann einer einzigen Frau sein" ein "darf nicht Mann einer Frau sein" gemacht.
Demnach ist das Zölibat eine Irrlehre der gegenwärtigen römisch-katholischen Kirche.

Eines der wichtigsten Anliegen der Pastoralbriefe ist die Abgrenzung von Irrlehrern, vor Streit, Geschwätz und Ungehorsam gegen Gott.
Daneben fordert der 1. Timotheusbrief
Der 2. Timotheusbrief ist eine generelle Ablehnung mit allen falschen Lehrern. Das ganze Kapitel 2 und 3 beschäftigt sich damit. Die Auseinandersetzung mit den falschen Lehrern, war wirklich besorgniserregend. So steht in 2Tim1,15
  Wie du weißt, haben mich alle Christen aus der Provinz Asia im Stich gelassen...

Die Provinz Asia umfasste die gesamte Westküste der heutigen Türkei. Hauptstadt war Ephesus. Es war das Gebiet, in dem Paulus am meisten missioniert hatte. Dort beteten jetzt auch die Anhänger Markions.
Der Verfasser der Pastoralbriefe warnt besonders vor den Markioniten und vor den Anhängern der Gnosis in 1Tim6,20.

Der 2. Timotheusbrief zeigt eine Endzeitstimmung, als stände das Christentum vor dem Untergang. Es klingt stellenweise wie ein Durchhalteappell vor dem letzten Gefecht.
Und es wird auch auf die Gegner, die Anhänger der Gnosis, hingewiesen.
Leider ist in allen deutschen Übersetzungen ein Fehler. Im Original steht in 1Tim6,20 wirklich "Gnosis", was die Übersetzer dann leider zu "Erkenntnis" eingedeutscht haben.

Das Alte Testament im frühen Christentum

Paulus griff bei seiner Missionsarbeit auf das Alte Testament zurück, das als Septuaginta, der Übersetzung des Alten Testaments in griechischer Sprache, seit etwa 100vuZ allgemein verfügbar war.
Im Galaterbrief erinnert er etwa an Abraham. Wer den Gedanken im Brief folgen will, muss die Geschichte über Abraham kennen. Paulus hat diese Geschichte beim Missionieren erzählt.
Weiterhin hat er in 1Kor15,3 geschrieben, dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift. Damit sagt er, dass seine Aussage bereits im Alten Testament vorhergesagt worden sei. Spätere christliche und heidnische Philosophen haben aber nachgewiesen, dass kein Zitat aus dem AT klar belegen kann, dass Jesus als Messias oder Erlöser gekommen sei, und dass er für unsere Sünden gestorben sei. Paulus legt das Alte Testament also zuallererst in seinem Sinne aus.

Durch Paulus wird das Alte Testament somit zum ersten heiligen Buch der Christenheit. Wie schon Paulus, so interpretierten auch die ersten Christen in den Text sehr viel hinein und gebrauchten es auf ihre eigene Art.

Daraus ergeben sich oft üble Aussagen, wie etwa im Barnabasbrief, Kapitel 4, 6-8. (Barn4,6-8)
 6 ... Aber auch darum bitte ich noch als einer aus euch, der ich jeden einzelnen und alle mehr liebe als meine Seele, dass ihr jetzt acht habet auf euch und nicht gewissen Leuten ähnlich werdet, indem ihr Sünden auf Sünden häufet und dann saget, ihr Bund sei auch der unsrige.
 7 Der unsrige, ja, aber jene (die Juden) haben ihn auf folgende Weise für immer verloren, obwohl Moses ihn schon empfangen hatte. Es sagt nämlich die Schrift: "Und Moses war auf dem Berge, vierzig Tage und vierzig Nächte fastend, und er empfing den Bund vom Herrn, steinerne Tafeln, beschrieben durch den Finger des Herrn"
 8 Aber da sie sich den Götzen zuwandten, verloren sie ihn. Denn so spricht der Herr: "Moses, Moses, steige eilends hinab, denn es hat das Gesetz übertreten dein Volk, das du aus dem Lande Ägypten herausgeführt hast". Und Moses erkannte es und warf die beiden Tafeln aus den Händen, und ihr Bund wurde zertrümmert, damit der Bund des geliebten Jesus fest in unserem Herzen versiegelt würde durch die Hoffnung des Glaubens an ihn.
Nun wechselt Barnabas das Thema und lässt uns im Glauben, dass es mit den Israeliten nie einen Bund gegeben habe.

Noch ärger treibt es Justinus in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon, Kapitel 34, 1-2 (Dial34,1-2)
 1 Um euch zu überzeugen, dass ihr nichts von der Schrift versteht, will ich noch einen anderen Psalm erwähnen, der vom Heiligen Geist dem David diktiert wurde. Nach eurer Meinung ist er an Salomo gerichtet, der auch euer König gewesen ist. Doch bezieht er sich ebenfalls auf unseren Christus. Ihr laßt euch täuschen durch gleichlautende Worte. Wenn nämlich das Gesetz des Herrn tadellos genannt wird, versteht ihr es von dem Gesetze, das durch Moses gegeben wurde, und nicht von demjenigen, das nach ihm kommen sollte, obwohl Gott es laut verkündet, daß er ein neues Gesetz und einen neuen Bund gründen werde.
 2 Und wenn gesagt ist: "Gott, gib Dein Gericht dem König!" (Ps72,1), so behauptet ihr, der Psalm beziehe sich, weil Salomo König war, auf diesen, obwohl die Worte des Psalmes ausdrücklich dartun, daß er sich auf den ewigen König, das ist auf Christus, beziehe. Denn von Christus ist verkündet, daß er König, Priester, Gott, Herr, Engel, Mensch, erster Feldherr, ein Stein, ein neugeborenes Kind ist, daß er anfangs leidensfähig ist, dann in den Himmel auffährt und wieder mit Herrlichkeit kommt und ein ewiges Reich besitzt, wie ich aus allen Schriften beweise.

Dieses Possenspiel wurde von den Gnostikern unterwandert. Denn diese lehnten das Alte Testament vollkommen ab.

Die Gnosis

Wohlhabende Christen konnten sich ein Exemplar des Alten Testaments in griechischer Sprache zulegen und es selbst lesen.
Dabei erkannten sie gewaltige Unterschiede zwischen dem Gott des Alten Testaments und dem Gott, über den Paulus predigte. Der Gott der Liebe, von dem Paulus sprach, war ein ganz anderer, als jener des Alten Testaments, "der eine Welt von kläglicher Unvollkommenheit schafft, der Menschen bildet und sie dann in den Sündenfall hinein treibt, der so und so oft bereut, was er getan hat, und seinen Lieblingen, den Israeliten, die schlimmsten Sünden nachsieht, die er an anderen grausam straft." (Zitat Lietzmann 1932: 267)

Die Gnosis (deutsch Erkenntnis) war eine Geheimlehre, die einige Christen aufgrund dieses Unterschiedes zusammenstellten. Sie arbeiteten systematisch den Unterschied heraus zwischen einem guten Gott der Liebe des Neuen Testamentes, wie er von Jesus als Vater verkündigt wurde, und einem bösen Gott des Alten Testaments (Jahwe), dem Demiurgen, der für Schöpfung, Gesetz und Gericht verantwortlich ist.
Dabei wird die Schöpfung nicht in ihrer Schönheit, sondern in ihrer materiellen Grobheit wahrgenommen. Folglich ist dieser Demiurg auch für das Leid und Unglück in der Welt zuständig. Es bedarf einer Erlösung, die als Rückkehr zum eigentlich geistlichen, spirituellen und grenzenlosen Leben gedacht wird.
Christus vertritt dagegen den Gott der Liebe, welcher die Menschen von der Herrschaft des Gottes des Gesetzes befreit.
Alleine der Glaube an den Gott der Liebe ist zur Erlösung notwendig. Jesus ist nicht der Messias, sondern ein göttliches Wesen mit einem Scheinleib. Denn Erlösung kann nicht durch Leid, Schweiß, Blut und Tränen geschehen, sondern als geistige Überwindung des Materiellen durch den Erlöser. Die Gnosis fasst das Materielle als schlecht auf und postuliert zwei Götter. Die beiden Götter haben nichts miteinander zu tun. Sie haben keinerlei Beziehung zueinander. Der Gott der Liebe war vor seiner Offenbarung in Christus vollkommen unbekannt.

Markion

Markion (* um 85 in Sinope, † 160) war Schiffseigner und Seekaufmann. Er war reich. Im Jahr 135 kam er nach Rom, wo er sich der dortigen Christengemeinde anschloss. 144 kam es zum Bruch, und Markion gründete eine eigene, gnostisch geprägte Glaubensgemeinschaft, den Markionismus.
Durch Reisen Markions breitete sich seine Lehre rasch bis nach Ägypten und Persien aus. Seine Lehre war eine der einflussreichsten christlichen Richtungen des 2. Jahrhunderts. Viele christliche Bischöfe hatten Angst vor seinem Erfolg. Bischof Polykarp von Smyrna nannte ihn sogar "einen Sohn des Satan".

Markion griff die Lehren der Gnosis in seiner Theologie auf. Für ihn war also Jesus der abgesandte Erlöser des guten Gottes der Liebe, der die Menschen vom bösen Gott des Alten Testaments erlöst hat. Wie in der Gnosis fasst also Markion das Materielle als schlecht auf. Anders als die Christen der Gnosis geht er mit diesen Erkenntnissen an die Öffentlich und verkündet diese auch.

Markion sichtet den Bestand kursierender christlicher Texte und reduziert sie auf einen Bestand, welcher als ein erster biblischer Kanon zehn Paulusbriefe sowie ein bereinigtes Evangelium, das sogenannte markionitische Evangelium, enthält. Dieses stand vermutlich in großer Nähe zum Lukas-Evangelium, enthielt jedoch keine Verweise auf das Alte Testament und keine Prophetenworte. Denn gerade die Prophetenworte erkannte Markion als falsch, sie widersprachen sich, und sie konnten sich auf alles mögliche beziehen. Das Alte Testament lehnte er ab.
Seine Lehren hatte Markion unter anderem in seinem Buch Antithesen niedergelegt, das eine Kommentierung seiner Bibel darstellte. Die Werke Markions sind nicht erhalten, sondern nur durch Zitate und Berichte seiner Gegner überliefert.

Markion hat die Lehre des Paulus von der Beseitigung des Gesetzes durch Christus begriffen. So kam er zu einem Verständnis des Christentums weitab von den bisherigen Bahnen der Theologen.
Seine Missionare und Geistlichen verpflichtete Markion zur Ehelosigkeit - er nahm somit das Zölibat vorweg.
In der christlichen Kirche beschleunigte die Herausforderung durch Markion die Zusammenstellung des umfangreichen und ungekürzten biblischen Kanons.

Die religiösen Bestrebungen und Lehren Markions wurden von der Kirche jedoch als irreführend (häretisch) angegriffen. So ging er in die Kirchengeschichte als Erzketzer ein, entfaltete aber schon insofern große Wirkung, als ihm die reichste selbst-rechtfertigende Literatur der Kirche gewidmet wurde.
In der liberalen Theologie wird eine Rehabilitation Markions als ein frühkirchlicher Reformator angestrebt.


Unter den römischen Kaiser Konstantin wurden die etablierten Christen nicht mehr verfolgt, sehr wohl aber die markionitischen Gemeinden. Ihre Gottesdienste wurden verboten, sogar in Privathäusern. Ihre Kirchen wurden zerstört und deren Grundstücke beschlagnahmt. Dabei hatten in manchen Regionen die Markioniten mehr Anhänger als die übrigen christlichen Gemeinden.
Im 3. Jahrhundert kam es durch die Verfolgungen im Westen, im 4. Jahrhundert im Osten, zum Rückgang. Im 6. Jahrhundert existierte die markionitische Kirche nicht mehr offen. Viele der Gemeinden gingen im Manichäismus auf.
Am Ende wurde die Auseinandersetzung mit Abweichlern zugunsten der etablierten Kirche auch dadurch entschieden, dass diese das Apostolische Glaubensbekenntnis zwingend vorschrieb.
Dieses Bekenntnis geht auf das 2. Jahrhundert zurück. Es ist in den Gottesdiensten zu sprechen, und es ist Voraussetzung bei einer Taufe.
Heute verstehen die Gläubigen nur noch Teile davon, und was sie verstehen, glauben sie oft nicht.

Adolf Harnack hat in den 1920er Jahren ein Buch über Markion geschrieben, das im Internet verfügbar ist. Es ist wichtig, sich auch das Addendum herunter zu laden.

Der Krieg der Hirten

Nach Paulus entwickelte sich ein Chaos unter den vielen Gemeinden. Dabei traten insbesondere die neu aufgekommenen Bischöfe als angebliche Hirten, Aufseher oder Schützer in Erscheinung. Deren Interesse war zuerst der Zusammenhalt ihrer eigenen Gemeinde. Sie versuchten Ordnung zu halten in der eigenen Gemeinde bei der Vielzahl der neuen Glaubensvorstellungen. Dabei waren ihnen Bischöfe mit anderen Ansichten ernst zu nehmende Gegner oder gar Feinde.
Gott und sein Sohn Jesus, der Herr, wurden zwar allgemein als Schöpfer der Welt angesehen. Aber über die Einzelheiten konnte man mit anderen Bischöfen trefflich streiten, sich beschimpfen, den Anderen Irrlehren und Ketzerei, ja sogar ein Paktieren mit dem Teufel vorwerfen. So sah Bischof Polykarp (69-155) von Smyrna - er war wahrscheinlich der Verfasser der Pastoralbriefe - in Markion (85-160) einen Sohn des Satans.

Als ein Beispiel eines besonders rechthaberischen und streitlustigen Hirten möchte ich hier den Kirchenvater Tertullian (etwa 150-220) vorstellen. Er war zunächst Jurist. Als er Christ wurde, bekam er bald das Amt eines Presbyter. Er schrieb viele Bücher - als erster nicht in Griechisch, sondern in Latein. Es sind hauptsächlich Streitschriften gegen Häretiker, aber auch Verteidigungsschiften vor Heiden. Tertullian wird in keiner Konfession als Heiliger verehrt. Er gilt nicht als Kirchenlehrer, wohl aber als Kirchenvater und Kirchenschriftsteller. Sein übermäßig negatives Menschenbild wird als Quelle einer unguten theologischen Tendenz angesehen.

In Tertullians Buch Die Prozeßeinreden gegen die Häretiker findet man als Kapitel 41:
41. Kap. Auch der lockere Wandel der Häretiker und der bei ihnen herrschende Mangel an kirchlicher Ordnung zeugen gegen die Wahrheit ihrer Lehren.
Ich will nicht unterlassen, auch von dem (Lebens-)Wandel der Häretiker eine Schilderung zu entwerfen, wie locker, wir irdisch, wie niedrig menschlich er sei, ohne Würde, ohne Autorität, ohne Kirchenzucht, so ganz ihrem Glauben entsprechend. Vorerst weiß man nicht, wer Katechumen (Taufwilliger), wer Gläubiger ist, sie treten miteinander ein, sie hören miteinander zu, sie beten miteinander; auch wenn Heiden dazu kommen, werfen sie Heiliges den Hunden und Perlen, wenn auch unechte, den Säuen hin. Das Preisgeben der Kirchenzucht wollen sie für Einfachheit gehalten wissen, und unsere Sorge für dieselbe nennen sie Scharwenzelei (Kriecherei).
Was den Kirchenfrieden angeht, so halten sie ihn unterschiedslos mit allen. Es ist in der Tat auch zwischen ihnen, obwohl sie abweichende Lehren haben, kein Unterschied, wenn sie nur zur gemeinschaftlichen Bekämpfung der einen Wahrheit zusammenhalten. Alle sind aufgeblasen, alle versprechen Erkenntnis. Die Katechumenen sind schon Vollendete, ehe sie noch Unterricht erhalten haben.
Und selbst die häretischen Weiber, wie frech und anmaßend sind sie! Sie unterstehen sich, zu lehren, zu disputieren, Exorzismen vorzunehmen, Heilungen zu versprechen, vielleicht auch noch zu taufen.
Die Ordinationen (Priesterweihe) der Häretiker sind aufs Geratewohl leichtfertig und ohne Bestand. Bald stellen sie Neophyten (gerade Getaufte) an, bald an die Welt gefesselte Männer, bald unsere Apostaten (Abgefallene), um die Leute durch die Ehre an sich zu ketten, da sie es durch Wahrheit nicht vermögen. Nirgends gibt es leichtere Beförderung als im Lager der Rebellen, wo bloß sich aufzuhalten schon als Verdienst gilt. Und so ist denn heute der eine Bischof, morgen der andere, heute ist jemand Diakon und morgen Lektor, heute einer Priester und morgen Laie. Denn sie tragen die priesterlichen Verrichtungen auch Laien auf.


Ich kann mir vorstellen, dass auch ein heutiger erzkonservativer Kirchenfürst solche Befürchtungen vor der Zukunft haben könnte.

Tertullian vertrat auch die Auffassung, dass die Ungläubigen in einer Hölle bei vollem Bewusstsein endlos bestraft werden. Für ihn ist das Feuer der Hölle ewig und ausdrücklich als eine ewig andauernde Strafe angekündigt. Als solche stelle die Strafe ein "nie endendes Töten" dar - ein Töten, dessen Wirkungen furchterregender seien als die eines nur von Menschen begangenen Mordes, womit er weit über die Aussagen der Bibel hinausging. Auch diejenigen, die sich Gott nicht von ganzen Herzen hingegeben haben, werden in gleicher Weise für immer im Feuer der Strafe sein.
Damit stellte er sich scharf gegen die All-Erlösung, die sein Zeitgenosse Origenes vertrat, welcher am Ende der Zeiten sogar die Erlösung der Dämonen und des Teufels durch die Liebe Gottes beschrieb.

Tertullians Auffassung von der Hölle gehört wohl zu den übelsten Widerlichkeiten aller Religionen. Ein Gott, der so etwas zulässt und so verurteilt, ist einfach nur entsetzlich - eine Religion mit so einem Gott ebenso.

Die Konstantinische Wende

Ende des 3. Jahrhunderts wurde das römische Reich von Krisen geschüttelt. An den Grenzen fielen immer wieder fremde Heere ein. Um 270 gab es eine riesige Inflation, die erst um 310 durch eine Währungsreform endgültig gebändigt werden konnte. Das Reich selbst wurde von Kaisern regiert, die vom Heer ausgerufen wurden. Dem Kaiser Diocletian gelang eine Stabilisierung des Reiches. Er ernannte Maximian, Constantius und Galerius zu Mitkaisern. 305 traten Diocletian und Maximian zurück. Nachdem 306 Constantius starb, riefen dessen Truppen dessen Sohn Konstantin zum Kaiser aus. Die anderen Mitkaiser und auch deren Nachkommen waren damit nicht einverstanden. Ihre Truppen kämpften nun im Reich gegeneinander.

303 hatte Diocletian mit einer Christenverfolgung begonnen. Aber diese Verfolgung war im westlichen Teil des Reiches recht nachlässig und letztlich erfolglos.
311 gab es dann ein Toleranzedikt des Mitkaisers Galerius, das die Christenverfolgung beendete.

Konstantins Truppen gewannen 312 eine Entscheidungsschlacht an der Milvischen Brücke. Konstantin wurde dadurch alleiniger Kaiser des westlichen Reiches. Im östlichen Reich gab es noch einen Mitkaiser, den er erst 324 militärisch niedermachen konnte. Dann wurde er alleiniger Kaiser des Römischen Reiches.

Seine Gegner hatte Konstantin nach den Auseinandersetzungen stets umbringen lassen, oder er hatte sie zum Selbstmord gezwungen. Auch seinen Sohn aus erster Ehe, seine zweite Frau und am Ende auch seine Mutter hat er ermorden lassen. Er war also ganz gewiss kein Heiliger, obwohl ihn die östliche Kirche als solchen verehrt.

Aus dem Sieg bei der Milvischen Brücke entwickelte sich eine Legende, dass Konstantin eine Vision gehabt habe, in der ihm der Christengott den Sieg habe zuteil werden lassen.
Um 312/313 hatte Konstantin dann verfügt, dass die während der Verfolgungszeit konfiszierten Werte der christlichen Kirche zurückerstattet und christliche Kleriker mit Privilegien versehen werden sollten.
313 folgte dann die Mailänder Vereinbarung, in der den Christen - ebenso wie allen anderen Religionen im ganzen Reich - Kultfreiheit zugesichert wurde. Es handelte sich nicht um eine Privilegierung des Christentums, sondern nur um Gleichstellung mit den anderen Religionen. Wichtig war für die Christen auch, dass ihre Kirche als Korporation anerkannt wurde, also als eine Institution des öffentlichen Rechts mit allen Rechten und Privilegien.
Historisch werden diese Vorgänge unter dem Begriff Konstantinische Wende zusammengefasst.

Der Kaiser förderte christliche Bauvorhaben massiv, u. a. die Grabeskirche in Jerusalem und die Geburtskirche in Bethlehem. In Rom wurde eine Monumentalbasilika auf dem Areal des heutigen Lateran in der Nähe der kaiserlichen Palastanlage und der Vorgängerbau des Petrusdoms erbaut.

Als römischer Kaiser war Konstantin Oberpriester aller Kulte im Reich. Unter vielen anderen gab es den Kult des Sonnengottes (Sol invictus), den Mithras-Kult, den Kult der Götterfamilie um Jupiter, den Kult der Großen Mutter oder der Kybele, die aus Ägypten stammenden Kulte des Serapis und der Isis.
Er selbst genoss ja als Kaiser zusätzlich eine göttliche Verehrung.

Durch die Christen kam nun ein neuer Kult hinzu. In diesem Kult sah sich Konstantin als Bischof der Bischöfe, ja sogar den Aposteln gleich. Und er wurde in dieser Rolle von den christlichen Bischöfen auch anerkannt. Die christliche Religion duldete jedoch nur ihren eigenen Gott allein. Deshalb verbot er Götteropfer zu seinen Ehren oder zur Verherrlichung seiner eigenen Göttlichkeit.
Obwohl er dem Christentum nahe stand, ging Konstantin nicht gegen die anderen Kulte vor, denn er erkannte die stabilisierende Wirkung all dieser Kulte. Am Anfang seiner Regierungszeit hing nur ein kleiner Teil der Bevölkerung (deutlich unter 10%) der christlichen Religion an.

Konstantin erkannte die staatstragende Unterstützung durch das Christentum.
Schon Paulus sagte im Römerbrief (Röm13,1ff)
Jeder soll sich den bestehenden staatlichen Gewalten unterordnen. Denn es gibt keine staatliche Macht, die nicht von Gott kommt; jede ist von Gott eingesetzt. und
Die öffentliche Gewalt steht im Dienst Gottes zum Nutzen jedes Einzelnen. ... Denn es gibt keine staatliche Macht, die nicht von Gott kommt; jede ist von Gott eingesetzt.
Da nun die staatliche Macht von Gott kommt, muss es im Interesse eines Christen sein, auch dem Staat und dem Kaiser im christlichen Sinne zu dienen.

Nachdem Konstantin 324 Alleinherrscher im Römischen Reich geworden war, suchte er nach weiterer Stabilisierung seiner Herrschaft.
Dabei setzte er sein Augenmerk auch auf die Christen. Die heillose Zerstrittenheit all der christlichen Gruppen wollte er schlichten. Besonders der Arianer-Streit erschütterte damals die Gemeinden. Man wollte zwar Jesus als Gott sehen, aber man wollte auch nur einen einzigen Gott haben.
Deshalb lud Konstantin 325 brieflich über 1800 Bischöfe zum Konzil von Nicäa (heute İznik) ein. Es kamen aber nur etwa 300, hauptsächlich aus dem östlichen Teil des Reiches. Aus dem lateinischen Raum sollen es nur sieben gewesen sein. Jeder Bischof konnte zwei Presbyter und drei Diakone mitbringen. Konstantin bezahlte die Reise und Unterkunft und trug die Kosten. Das Konzil dauerte vom 20.5.-25.6.325.
Unter den Bischöfen waren einige, z. B. Paphnutius von Theben, Potamon von Heraklea und Paul von Neo-Caesarea, sichtbar durch die erst 15 Jahre zurückliegende Christenverfolgung verstümmelt. Paphnutius hatte man zum Beispiel ein Auge ausgestochen und eine wichtige Beinsehne durchschnitten. Bemerkenswert sind auch Jakobus von Nisibis, der als Einsiedler, oder Spyridion von Zypern, der auch als Bischof noch als Schafhirte gelebt hatte. Daneben waren auch Nikolaus von Myra, ein persischer Bischof Johannes und ein gotischer Bischof Theophilus anwesend.
Auf Befehl des Kaisers nahm auch der alexandrinische Presbyter Arius teil.
Beim Konzil beschloss man über Jesus die Formel "gezeugt aus dem Wesen des Vaters und gezeugt und ungeschaffen, wesenseins (griechisch homoousios, von gleicher Substanz) mit dem Vater". Jesus Christus ist demnach kein Geschöpf Gottes, sondern selbst wahrer Gott.
Alle, die diesem Dogma nicht zustimmten, wurden per kaiserlichem Dekret zu Ketzern und Häretikern erklärt und verbannt.
Der Arianer-Streit ging danach noch Jahrhunderte weiter, aber er verlor an Schärfe.

Beim Konzil von Nicäa wurden aber noch weitere Beschlüsse gefasst, etwa ein neues Glaubensbekenntnis oder die Einigung über das Osterdatum.
Hauptsächlich ging es aber um Befugnisse von Bischöfen und anderen Klerikern. Gegen vielen Widerspruch, insbesondere des Bischofs Paphnutius aus dem ägyptischen Theben, wurde ein Zölibat beschlossen:
Das Konzil verbietet absolut, dass Bischöfe, Priester und Diakone mit einer Frau zusammenleben, ausgenommen natürlich ihre Mutter, Schwester oder Tante oder eine über jeden Verdacht erhabene Frau.
Hier wurde anders entschieden, als im 1. Timotheusbrief steht (1Tim3,2):
Ein Bischof aber soll untadelig sein, Mann einer einzigen Frau, nüchtern, besonnen, würdig, gastfrei, geschickt im Lehren,...

326 erließ Konstantin dann ein Edikt gegen Häretiker. Es richtete sich gegen alle Christen, die Lehre oder Liturgie seiner katholischen Kirche ablehnten oder diese abänderten. Hier ein Auszug:
Erkennt nun durch dieses Gesetz, ihr Novatianer, Valentinianer, Markioniten, Paulianer, kurz alle, die durch ihre besonderen Versammlungen die Sekten bilden, in welche Lügen Eure Torheit sich verstrickt hat ... Was sollen wir also länger solchen Frevel dulden? Warum also nicht durch öffentlich bewiesene Strenge so rasch wie möglich dieses große Übel sozusagen mit der Wurzel ausrotten? In diesem Sinne schreiben wir durch dieses Gesetz vor, dass keiner von euch hinfort wage, Zusammenkünfte zu veranstalten.
Darum haben wir auch Befehl gegeben, alle eure Häuser, in denen ihr diese Zusammenkünfte veranstaltet, zu beschlagnahmen; ja, unsere Sorge geht so weit, dass nicht nur nicht öffentlich, sondern auch nicht einmal in einem Privathaus oder an Privatorten Versammlungen eures abergläubischen Wahns abgehalten werden dürfen.
Gänzlich verbannt sei aus den glücklichen Zeiten unserer Regierung der Trug eurer verkehrten Lehre, ich meine die fluchwürdige und verderbliche Zwietracht der Häretiker und Schismatiker. Denn es ist dem Glück, dessen wir uns durch Gottes Gnade erfreuen dürfen, angemessen, alle, die ihr Leben in Hoffnung auf künftigen Segen führen, aus der Finsternis zum Licht, aus dem Irrwahn zur Wahrheit, aus dem Tod zum Heil zu geleiten.
Um aber dieser Heilung den notwendigen Nachdruck zu verleihen, haben wir, wie bereits gesagt, Befehl gegeben, alle Versammlungsstätten dieses Aberglaubens, ich meine die Bethäuser sämtlicher Häretiker, wenn man sie denn Bethäuser nennen darf, zu beschlagnahmen und ohne Einspruchsmöglichkeit und Zeitverzug der katholischen Kirche zu übergeben, die übrigen Örtlichkeiten aber dem Fiskus zuzuführen und euch in Zukunft keinerlei Möglichkeiten zu belassen, euch zu versammeln."


Diese Verbindung einer der christlichen Sekten mit dem Römischen Staat hatte natürlich auch Folgen, die wir heute teilweise sogar als segensreich bewerten können.
Besonderen Zulauf an Mitgliedern brachte die Sozialarbeit der Christen. Der Bischof und Mönch Basilius von Cäsarea (330-379) sagte in seiner Predigt an die Reichen:
Ihr sagt, dass ihr nicht geben könnt. Ihr sagt denen, die euch bitten, dass ihr nicht genug habt, um zu geben. Eure Zunge schwört, dass ihr es nicht tun könnt, aber eure Hand verrät euch. Denn obwohl sie nicht sprechen kann, erklärt das Funkeln an eurem Finger, dass ihr lügt. Wie viele Leute könnte dieser eine Ring von euch schuldenfrei machen? Wie viele zerfallende Häuser könnte er instandstellen? Nur eine eurer Truhen voll Kleider könnte einer Menge Leuten helfen, die jetzt vor Kälte zittern.

380 wurde das Christentum Staatsreligion im Römischen Reich (Dreikaiseredikt). Und es endete die Religionsfreiheit.
Das Edikt lautet:
Alle Völker, über die wir ein mildes und maßvolles Regiment führen, sollen sich, so ist unser Wille, zu der Religion bekehren, die der göttliche Apostel Petrus den Römern überliefert hat, wie es der von ihm kundgemachte Glaube bis zum heutigen Tage dartut und zu dem sich der Pontifex Damasus klar bekennt wie auch Bischof Petrus von Alexandrien, ein Mann von apostolischer Heiligkeit; das bedeutet, dass wir gemäß apostolischer Weisung und evangelischer Lehre an eine Gottheit des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes in gleicher Majestät und heiliger Dreifaltigkeit glauben.
Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen; die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerischer Lehre zu tragen.
Auch dürfen ihre Versammlungsstätten nicht als Kirchen bezeichnet werden. Endlich soll sie vorab die göttliche Vergeltung, dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist.


Nur die Glaubensvarianten des Pontifex Damasus von Rom und die des Bischofs Petrus von Alexandria durften von nun an als katholisches Christentum bezeichnet werden, und nur dieses galt nun als römische Staatsreligion.
Andere Religionen und angebliche Irrlehrer wurden von jetzt an, ganz im Sinne der etablierten christlichen Lehrer, extrem unchristlich verfolgt.
Insbesondere von christlichen Schlägertrupps wurden ihre Kultstätten zerstört, ihre Anhänger verfolgt - ganz so wie es vorher mit den Christen gemacht wurde. Von nichtchristlichen Kultbildern und Kultgegenständen, ja selbst von frühen Kaiserbildern finden heutige Archäologen fast nur noch Scherben. Die Christen haben gründlich gewütet.

Nun konnten christliche Lehrer auch gegen angebliche Irrlehrer oder Häretiker juristisch vorgehen. Die erste dokumentierte Todesstrafe wurde 385 in Trier verhängt an dem damaligen Bischof Priscillian von Avila.
Es war ein juristischer Mord, der von den christlichen Bischöfen Ithacius von Ossonoba und Ydacius an einem nicht genehmen anderen christlichen Bischof initiiert wurde. Ithacius selbst galt als schamloser und sittlich verkommener Schwätzer. Ydacius wurde wegen seines verschwenderischen Lebenswandels von seinem eigenen Presbyterium angeklagt.
Von den Bischöfen Hydatius von Emeritia, Rufus von Metz und Britto von Trier wurde gegen Priscillian Anklage wegen Manichäismus, Zauberei und Ketzerei erhoben. Priscillian und viele seiner Anhänger wurden nun hingerichtet. Der Ankläger Hydatius musste danach sein Bischofsamt niederlegen.

Es war dies nur eine der spektakulärsten Tötungen, welche auch aufgeschrieben wurde. Wie viele Christen mögen diese Bischöfe schon gemordet haben, bevor sie bei einem Bischof Erfolg hatten?
Wie viele normale Christen - als vermeintliche Irrlehrer - von anderen Christen gelyncht wurden, kann man nicht abschätzen. Es waren aber sicher nicht wenige.

Wem Unrecht geschieht, der wird genau dieses Unrecht an seinen Gegnern wiederholen, wenn er die Macht dazu hat. Leider können manche Christen eben nicht christlich verzeihen.

391/92 verbot Kaiser Theodosius schließlich die heidnischen Kulte und deren Ausübung.


Zusammenfassung

Paulus verfolgte vor seiner Bekehrung die Judenchristen in Damaskus, in Judäa war er nicht bekannt. Nach seinem Schlüsselerlebnis, bei dem er sich von Jesus selbst berufen fühlte, verkündete er das Evangelium unter den Heiden. Paulus hatte Jesus nie persönlich kennen gelernt. Er habe die Lehre von Jesus selbst offenbart bekommen - vergleichbar mit den Propheten des AT.

Paulus hat Jesus nie als Gott verstanden. Jesus war immer nur der Herr, der getötet und begraben wurde, von Gott aber vom Tode auferweckt wurde. Durch seinen Tod hat Jesus die Sünden der Welt gesühnt, und die Menschen zu Kindern Gottes gemacht. Durch die Gnade Gottes steht den Menschen nun das Reich Gottes offen, wenn sie an ihn glauben.
Als "Heiligen Geist" hat er das Denken oder den Geist Gottes verstanden, nicht jedoch eine Gottheit.

Nach seiner Bekehrung ging Paulus von Damaskus nach Arabien (heute südliches Jordanien). Nach drei Jahren kam er zurück nach Damaskus. Anschließen besuchte er erstmals Jerusalem und lernte Petrus (Kephas) und Jakobus, den Bruder Jesu, kennen, welcher der Jerusalemer Gemeinde vorstand. (Brüder Jesu siehe Mk6,3)

Daraus folgert, dass Paulus den Glauben der Gemeinde von Damaskus verbreitete.

Erst 14 Jahre später besprach Paulus seine Glaubensvorstellungen mit der Gemeinde von Jerusalem. Diese sahen die neue Lehre - genau wie Jesus schon vorher auch - als eine Erneuerung des jüdischen Glaubens.
Paulus bringt Spenden seiner Gemeinden aus Kleinasien mit zur Hilfe für die Armen in Jerusalem. Während die Judenchristen noch am jüdischen Gesetz, insbesondere an der Beschneidung, festhalten, so hat Paulus dieses jüdische Gesetz in seinen nicht-jüdischen Gemeinden aufgehoben. Damit haben wir das erste Schisma.

Paulus sagte

Die Judenchristen der Jerusalemer Gemeinde hatten davon abweichende Vorstellungen

Auf Paulus gehen auch die Grundbestandteile der christlichen Messfeiern zurück.

Paulus verkündete das baldige Kommen des Weltgerichts Gottes, das viele Zeitgenossen noch erleben würden. Dabei werden die gläubigen Lebenden und Toten ins Reich Gottes aufgenommen. Anscheinend hat er missverstanden, dass das Reich Gottes schon mit Jesus zu uns gekommen ist.

Paulus verurteilt Ehescheidung und zügellose Sexualität. Die Sexualität als Geschenk Gottes kann er nicht erkennen. Entsprechend sexualitätsfeindlich und widernatürlich hat er das Christentum geprägt.

In seinem letzten Brief, den Brief an die Römer, fasst er noch einmal seine Theologie zusammen. Er hebt besonders die Nächstenliebe hervor. Dabei muss man beachten, dass das Wort "Liebe" heute seine Bedeutung geändert hat. In der heutigen Sprache hat es eine eher sexuelle Bedeutung. Die von Paulus angestrebte Bedeutung ist eher "Hochachtung", "Wertschätzung". Lieben bedeutet, dem Gegenüber Würde geben.
Weiter mahnt Paulus zu Gehorsam gegenüber der staatlichen Ordnung: Der Staat ist von Gott. Die Christen mahnt er zur gegenseitigen Toleranz und zum rücksichtsvollen Umgang miteinander.

Nach der Zerstörung von Jerusalem im Jahr 70 durch die Römer sahen viele Christen dies als Strafe Gottes gegen die Juden an, die ja Jesus ans Kreuz gebracht haben.
Die Judenchristen spielten danach kaum mehr eine Rolle. Es gab noch welche um Nazareth, Kokabe und im syrischen Beröa. In späteren Jahrhunderten wurden sie als Ketzer angesehen.

Bei den Griechen fand Paulus viele Anhänger. Die christliche Religion versprach ja ein freudiges Weiterleben nach dem Tode in Gottes Herrlichkeit. Die bisherige Religion der Griechen hatte dazu ja fast nur Deprimierendes zu bieten.
Die gebildeten Griechen jedoch hinterfragten seine Theologie. Ihnen war Paulus geistig nicht annähernd gewachsen. Seine Verweise auf das Alte Testament widerlegten sie. Sein Gottesbild aus dem Alten Testament erkannten sie als absurd.

Nach dem Tod des Paulus gab es viele verschiedene Auslegungen seiner Lehre, weil einfach zu viele Fragen offen geblieben waren.
Ein Teil seiner Schüler überhöhten Christus und seine Erlösung, in dem sie das Erlösungswerk als von Gott von Anfang an geplant ansahen. Schon vor der Schöpfung der Welt sei alles so bestimmt gewesen. Die Gemeinde sei nun der Leib Christi, in dem er fortlebe. Der Epheserbrief fasst diese Aussage zusammen. Man kann ihn so als das Gründungsmanifest der Kirche ansehen.

Da die Wiederkunft Christi einfach nicht erfolgte, wurde der 2. Thessalonicherbrief geschrieben, der das vorherige Erscheinen des Antichristen ankündigte.
Die Pastoralbriefe (1. und 2. Tim, Tit) waren an die Leiter der Gemeinden gerichtet und sollten ihnen Richtlinien geben - auch zum Kampf gegen angebliche Irrlehrer.

Paulus nahm zur Verkündigung seiner neuen Religion das Alte Testament, das dadurch zum ersten heiligen Buch der Christenheit wurde. Die christlichen Lehrer interpretierten es in ihrem Sinn, wobei sie Widersprüche ignorierten.
Der Christ Markion erkannte die Fehler und Widersprüche im Alten Testament. In seiner Sammlung der christlichen Bücher (Kanon) kam das Alte Testament nicht vor. Er verwendete die Paulusbriefe und eine Fassung des Lukas-Evangeliums, bei dem die Hinweise auf das Alte Testament und auf die Propheten fehlten.
Danach machten sich auch die anderen christlichen Lehrer Gedanken über einen Kanon. Eine erste Vereinheitlichung der christlichen Religion entstand erst unter Kaiser Konstantin.
Mit der Einführung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses erreichte die etablierte Kirche schließlich eine Vereinheitlichung.

Ab 313 wurden Christen im Römischen Reich nicht mehr verfolgt.
Kaiser Konstantin erkannte den staatstragenden Charakter der christlichen Religion und förderte sie entsprechend, um seine eigene Macht zu sichern. Jedoch sah er sich gezwungen, die vielen heillos miteinander zerstrittenen Bischöfe zu einigen. Er berief das Konzil von Nicäa ein und sorgte damit für eine gewisse Vereinheitlichung dieses Glaubens.
Wer diese Beschlüsse nicht befolgte und mittrug, wurde per kaiserlichem Dekret nun wieder weiter verfolgt. Die Bethäuser mancher Gruppen wurden enteignet.

Die Verbindung des Römischen Staates mit einer der christlichen Glaubensrichtungen hatte auch segensreiche Folgen:

380 wurde das Christentum Staatsreligion. Dabei durfte sich nur noch die Anhänger des Damasus von Rom und die des Petrus von Alexandria als katholische Christen bezeichnen. Alle anderen Glaubensvarianten galten als Irrlehren.
Nun gingen die Christen aber handgreiflich gegen die anderen Kulte vor. Von diesen Kulten finden die Archäologen heute nur noch Scherben.
Aber auch gegen so genannte Irrlehren kämpften die etablierten christlichen Lehrer. Die erste Todesstrafe wegen Häresie wurde 385 in Trier verhängt. (Priscillian)
Es war ein juristischer Mord christlicher Bischöfe an einem nicht genehmen anderen christlichen Bischof.

Literatur

Gerd Lüdemann: Die ersten drei Jahre Christentum. Springe 2009.

Gerd Lüdemann: Paulus, der Gründer des Christentums. Springe 2001/2014.

Gerd Lüdemann: Ketzer, die andere Seite des frühen Christentums. Stuttgart 1995.

Gerd Lüdemann: Jesus nach 2000 Jahren. Lüneburg 2000.
Lüdemann ist emeritierter Professor für evangelische Theologie aus Göttingen.

Günther Bornkamp: Paulus. Stuttgart 1983.
Bornkamp war bis 1971 Ordinarius für Neues Testament in Heidelberg.
Hoffnung für Alle. Das Neue Testament. Basel 1989.

Die Bibel. Nach der deutschen Übersetzung Martin Luthers.

Mehrere Zitate habe ich aus Wikipedia oder www.bibleserver.com wörtlich übernommen.

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