von Werner Sticht

Was ist aus Simon Petrus geworden?


Einen Artikel über das Urchristentum und dessen Gründung durch Paulus, einen Artikel über die Jerusalemer Urchristen, sowie ein Skript zu den Abenden unseres Bibelkreises über die Paulusbriefe habe ich auch verfasst.

Roms Anspruchsdenken

Wenn man der römisch-katholischen Überlieferung glaubt, soll Petrus ja die Nummer Eins direkt nach Jesus gewesen sein - mit Jakobus und Johannes in geringem Abstand. Er soll bald die Jerusalemer Gemeinde verlassen haben und die Gemeinde in Rom gegründet haben, wo er der erste Bischof gewesen sein soll.
Die Bischöfe von Rom sehen sich gerne als Nachfolger des Apostels Petrus. Sie glauben gerne an ein dem Petrus von Jesus selbst zugesprochene Vorrangstellung gegenüber allen übrigen Aposteln.
Die Bibelstelle "Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen." (Mt16,18) wird dabei als ein Mittel zum Zweck herangezogen.
Am Ende hielten sich die römischen Bischöfe sogar für unfehlbar in Glaubensfragen, und sie bezeichneten sich selbst als Stellvertreter Christi auf Erden und überhaupt als Oberhaupt aller Christen. (Siehe Katechismus der Katholischen Kirche und dort die Aussagen über den Papst und die Unfehlbarkeit)
Was für eine christliche Bescheidenheit !

Eine nicht geringe Anzahl von Theologen bezweifeln dagegen die römisch-katholischen Überlieferung. Viele sind der Ansicht, dass Petrus nie nach Rom gekommen sei. Es gibt auch keine einzige gesicherte historische Quelle, die beweist, dass Petrus jemals in Rom war.

Weitere Infos dazu in Wikipedia.

Was wissen wir über Petrus?

Eigentlich hieß er Simon. Aber Jesus gab ihm auch den Namen Kefa, was ins Lateinische übersetzt "Petrus" bedeutet. (Mk3,16) πέτρος ist das griechisches Wort für einen Kieselstein, nicht für einen Felsen. Das Wort wird in den griechischen Übersetzungen benützt.
Paulus verwendete in seinen Briefen den aramäischen Namen Kephas, nicht den griechischen Namen Petros. Ins Deutsche übersetzt wäre der Name des Petrus "Schimon Stein".

Was erfahren wir aus dem Markus-Evangelium?

Die erste historische Quelle, die die Berufung des Simon Petrus beschreibt, ist das Markus-Evangelium. Dieses entstand etwa im Jahr 70 - also nach der Zerstörung Jerusalems. Das war etwa 40 Jahre nach dem tatsächlichen Geschehen.
Petrus ist der erste, der von Jesus berufen wurde, zusammen mit Andreas. Es folgten Johannes und Jakobus der Ältere, die Zebedäus-Söhne. Sie waren alle Fischer am See Genezareth. (Mk1,16-20)
Petrus war verheiratet und lebte mit seinem Bruder Andreas und auch mit seiner Schwiegermutter in Kapharnaum. (Mk1,29-30)
Wahrscheinlich nahmen die Apostel ihre Frauen und Kinder mit, als sie nun mit Jesus herumzogen. Wir wissen jedenfalls, dass sie nach Jesu Tod ihre Familien bei ihren Missionsreisen dabei hatten. (1Kor9,5)

Die Zwölf Apostel werden in Mk3,16-19 namentlich genannt. Die anderen Evangelien, und auch die Apostelgeschichte, geben leicht abweichende Namen an. Aus allen Namenslisten habe ich eine Zusammenstellung gemacht:
Simon, dem Jesus den Namen Petrus gab; Jakobus der Ältere und sein Bruder Johannes, die Söhne von Zebedäus - Jesus nannte sie "Donnersöhne"; Andreas, Philippus, Nathanael Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus der Jüngere, der Sohn von Alphäus, Judas Thaddäus, Simon Zelotes, der ehemalige Freiheitskämpfer, und Judas Iskariot, der Jesus später verriet.
Petrus, Jakobus und Johannes - die ersten Drei - gehören nun zum inneren Kreis um Jesus. Es zogen jedoch auch viele andere Anhänger mit Jesus durch das Land, auch mehrere Frauen. (Mk15,40-41)
Die Jünger aus dem inneren Kreis genossen Vorzüge. Auf einem Berg ließ Jesus vor ihnen Elias und Moses erscheinen. Sie sollten über dieses Erlebnis jedoch erst nach Jesu Auferstehung berichten. (Mk9,2-9)
Auch bei der Ölberggeschichte sind sie dabei. Und sie werden namentlich erwähnt. (Mk14,33)
Als kurz nach dem Geschehen auf dem Ölberg eine zeitgenössische Terrorbekämpfungseinheit ausrückte, um Jesus nicht zu töten, sondern für Zwecke eines Schauprozesses lebend zu fassen, war das für die Jünger Jesu zu viel. Sie flohen. (Mk14,50)
Petrus jedoch beobachtete die weiteren Vorgänge aus der Nähe. Dabei wurde er als Anhänger Jesu erkannt. Er war so erschrocken, dass er abstritt, Jesus gekannt zu haben. Kurz darauf bereute er sein Tun zutiefst. (Mk14,66-72)

Die Erscheinung von Elias und Moses und das Geschehen auf dem Ölberg waren Erlebnisse, die einer der Drei des inneren Kreises (Petrus, Jakobus, Johannes) später dem Schreiber des Markus-Evangeliums mitgeteilt haben muss. Wahrscheinlich hat es Petrus dem Autor des Markus-Evangeliums selbst mitgeteilt. Petrus wird ja in den Evangelien auch immer als erster erwähnt.

Was geben die Paulus-Briefe her?

Weitere Informationen über Petrus haben wir aus den Paulusbriefen. Sie sind die ältesten christlichen Schriften überhaupt.
Den auferstandenen Jesus soll Petrus als erster gesehen haben. Danach erschien er allen aus dem engsten Kreis der Jünger. Dann haben ihn mehr als fünfhundert Brüder und Schwestern gleichzeitig gesehen. Später ist er Jakobus dem Gerechten und schließlich allen Aposteln erschienen. Zuletzt hat er dann auch Paulus bekehrt. (1Kor15,5) (Die Erscheinungen Jesu nach der Auferstehung werden in jedem der einzelnen Evangelium unterschiedlich und teilweise stark voneinander abweichend dargestellt.)
Drei Jahre nach seiner Bekehrung - also etwa in den Jahren 34/35 - ist Paulus nach Jerusalem gereist, um "Kephas" kennen zu lernen. Er kommt mit Petrus und Jakobus dem Gerechten, dem Bruder Jesu, in Kontakt. (Gal1,18-19)
Was werden Petrus und Paulus in diesen 15 Tagen besprochen haben?
Petrus kannte Jesus sehr gut, Paulus überhaupt nicht. Paulus hatte also viel zu lernen über die Person des Jesus und über dessen Lehre.
Paulus hat dagegen in Damaskus das Leben der dortigen Christengemeinde kennen gelernt. Dort hatten Juden einen recht lockeren Umgang mit ihren nicht-jüdischen Nachbarn. Und die Nachbarn zeigten großes Interesse an den Lehren Jesu. Dabei erkannten die dortigen Christen die Jüdischen Gesetze als Hindernis - man denke nur an die Beschneidung.
Paulus war aber auch der Überzeugung, dass er seine Lehre in einer Vision direkt von Gott selbst bekommen habe. Er war der Ansicht, dass alle Menschen Kinder Gottes sind - Jesus dann der bevorzugte Sohn Gottes. Alle, die an Gott glauben, gehören nun zu Gottes bevorzugtem Volk.
Anscheinend konnte Paulus dem Petrus seine eigenen paulinischen Glaubensvorstellungen überzeugend vermitteln. Denn nun verzichtete auch Petrus auf die strenge Befolgung des Jüdischen Gesetzes, etwa der Reinheitsgebote und der Beschneidung - zumindest bei Griechen und Römern.
14 Jahre später treffen sich Petrus und Paulus in Jerusalem wieder. Das Treffen ist als das Apostelkonzil bekannt. Es fand nach Angaben der Theologen irgendwann zwischen 44 und 49 statt.
Anlass für das Treffen waren Streitigkeiten, ob die Christen das Jüdische Gesetz - insbesondere Reinheitsgebote und Beschneidung - einzuhalten hätten. Petrus vertrat die Ansicht, dass Beschneidung und Reinheitsgebote den Heidenchristen nicht zugemutet werden sollten.
Also verständigte man sich darauf, dass Gott dem Paulus den Auftrag gegeben hat, den nichtjüdischen Völkern die Botschaft von Christus zu verkünden, so wie er Petrus aufgetragen hat, sie den Juden zu bringen.
Jakobus der Gerechte (der Bruder Jesu), Kephas und Johannes galten damals als die Säulen der Gemeinde. (Gal2,1-10).

Was erzählt uns die Apostelgeschichte?

Die Apostelgeschichte des Lukas mag als das Heldenepos des Christlichen Glaubens angesehen werden. Als historisches Dokument ist sie kaum zu gebrauchen. Dennoch gibt sie uns weitere Informationen zum Leben des Petrus. Entstanden ist sie erst um das Jahr 90, also 30-60 Jahre nach dem eigentlichen Geschehen.
Die Kapitel 1-12 der Apostelgeschichte nennen Petrus als Hauptakteur. Nach dem Pfingstereignis hält Petrus öffentlich eine lange Rede. Angeblich 3000 Menschen ließen sich daraufhin taufen. Es entstand die Jerusalemer Gemeinde, die dann schnell immer mehr Mitglieder bekam. Immer wieder gab es Reibereien mit der Tempelpolizei und mit dem Hohen Rat, was schließlich zum Martyrium des Stephanus führte.
Die neue Glaubensgemeinschaft breitete sich schnell in Palästina aus. Petrus missioniert beispielsweise auch in Lydda (Lod) und Joppe (Jaffa, Tel Aviv). (Apg9,32-43)
In einer Vision erfährt Petrus, dass die Reinheitsgebote nicht mehr gültig sind. (Apg10,11-16) Schon in Mk7,1-23 hat ja Jesus selbst die Reinheitsgebote als Quelle von Heuchelei verurteilt und gleichsam abgeschafft.
Petrus verkündet den christlichen Glauben nun auch den Heiden und tauft sie. Er hat Tischgemeinschaft mit Nichtjuden. (Apg10,23-48) Vor den Christen in Jerusalem muss er sich deshalb rechtfertigen. (Apg11,1-18).

Etwa um das Jahr 44 begann Herodes Agrippa eine Christenverfolgung in Jerusalem. Dabei wurde Jakobus der Ältere, der Sohn des Zebedäus, enthauptet. (Apg12,1-2). Als sein Nachfolger wurde Jakobus der Gerechte, ein Bruder Jesu, gewählt. Bei der Verfolgung wurde auch Petrus gefangen genommen. Es gelingt ihm aber die Flucht. Zuerst geht er zum Haus des Johannes Markus. Dann verlässt Petrus Jerusalem. (Apg12,1-17). Er tritt dann erst wieder beim Apostelkonzil auf.
Viele Christen flohen wegen der Verfolgung damals nach Antiochia am Orontes (heute Antakya, Türkei). Sicherlich war Petrus unter ihnen. Schon vorher war dort eine der ganz frühen Gemeinden entstanden. Hier wurden sie auch erstmals "Christen" genannt.
Antiochia am Orontes mit etwa ½ Million Einwohnern war damals die Hauptstadt der römischen Provinz Syrien und auch die drittgrößte Stadt des römischen Reiches nach Rom und Alexandria.

Die Apostelgeschichte lässt es offen, wie diese Gemeinde in Antiochia entstand. Es wird in der Apostelgeschichte nur beschrieben, dass von Antiochia aus Missionsreisen des Paulus und seiner Mitchristen begannen. (Apg13) Die zugehörigen Erzählungen in der Apostelgeschichte beginnen nach den Texten zur Christenverfolgung. (Apg12) Man könnte daraus schließen, die Missionsreisen des Paulus hätten erst ab dem Jahr 45 begonnen.
Paulus hat aber bereits um das Jahr 35 missioniert.
Offensichtlich kannte Lukas die ersten Missionen des Paulus von 35-44 nicht. Als Folge davon kommt er mit dem zeitlichen Ablauf der Ereignisse durcheinander. Es ist weiterhin aus den Paulusbriefen bekannt, dass Paulus sogar bis Illyrien kam, dem Gebiet etwa des ehemaligen Jugoslawiens. Auch von seinem Aufenthalt in Galatien und seinen drei Aufenthalten in Korinth erfahren wir in der Apostelgeschichte kaum etwas.
Obwohl Lukas in epischer Breite über Paulus erzählt, so ist seine Erzählung doch lückenhaft.

Lukas erzählt uns von den Schwierigkeiten zwischen Heidenchristen und Judenchristen, die wir schon aus den Paulusbriefen kennen. Viele Judenchristen meinten, die Heidenchristen müssten beschnitten werden. Deshalb trafen sich Paulus und einige Anhänger mit den Anführern der Judenchristen, nämlich mit Jakobus dem Gerechten, Petrus und Johannes in Jerusalem zum Apostelkonzil etwa im Jahr 48. Sie wollten das Problem klären.
Man verzichtete einvernehmlich auf die Beschneidung der Heidenchristen. Man vereinbarte damals auch - auf Wunsch von Jakobus dem Gerechten - Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. (Apg15,28-29)
Beim Apostelkonzil trat Petrus letztmals in der Apostelgeschichte auf. In seiner Rede dort lehnt er u.a. die Beschneidung der Heidenchristen ab. (Apg15,7-11). Danach erfahren wir nichts mehr über Petrus in der Apostelgeschichte. Von nun an wird dort die Mission des Paulus beschrieben.

Nicht nur in Jerusalem, sondern auch in Antiochia am Orontes gab es immer noch Judenchristen, die weiterhin die Beachtung des jüdischen Gesetzes forderten. Sie lehnten beispielsweise auch die Tischgemeinschaft mit Heidenchristen ab. Aber Paulus forderte gerade diese Tischgemeinschaft von Juden- und Heidenchristen. Petrus jedoch tolerierte die separatistischen Judenchristen. Als Petrus und Paulus in Antiochia zusammentrafen, kritisierte Paulus den Petrus deswegen scharf. (Gal2,11-21)

Paulus reiste um 56 (nach Lüdemann 54) letztmals nach Jerusalem, um eine Geldsammlung der Heidenchristen zu überbringen. Er wurde dort verhaftet. Zu dieser Zeit war Petrus nicht mehr dort.
(Paulus war zwei Jahre Gefangener in Caesarea. Dann wurde er nach Rom gebracht.)
Wenn man die letzten Kapitel der Apostelgeschichte liest, so erscheinen sie wie eine damalige dramatische Seefahrergeschichte. Der Autor der Apostelgeschichte hat wohl eine Seefahrergeschichte angepasst. Er selbst dürfte vom Transport des Gefangenen Paulus kaum Einzelheiten gewusst haben, auch kaum etwas von dessen Aufenthalt in Rom und fast gar nichts vom aktuellen Geschehen in Rom. (Siehe Bornkamp)

Im letzten Kapitel der Apostelgeschichte wird der Aufenthalt des Paulus in Rom beschrieben. Er lebte dort zwei Jahre in einer Wohnung. (Apg28,30-31) Die Apostelgeschichte bricht danach abrupt ab und endet somit um das Jahr 60.

Kurz zusammengefasst

Petrus wird im letzten Kapitel der Apostelgeschichte nicht erwähnt. Sonst hat der Autor der Apostelgeschichte (Lukas) doch viel und gern von Petrus erzählte. Deshalb ist sein Nicht-Erwähnen des Petrus ein starkes Indiz, dass Petrus bis dahin nicht nach Rom gekommen ist.
Auch Paulus grüßt am Ende seines Briefs an die Römer (Röm16) den Petrus nicht. Das deutet ebenso darauf hin, dass Petrus zur Zeit der Abfassung des Briefs (um 54) nicht in Rom war.
Denkbar ist noch die Möglichkeit, dass Petrus und Paulus sich in Antiochia so zerstritten hatten, dass sie sich fortan gegenseitig ignorierten.

Petrus und Paulus galten bereits im 1. Jahrhundert als Symbolfiguren des christlichen Glaubens. Petrus war der Missionar für die Judenchristen, Paulus war der Missionar für die Heidenchristen. Als solche wurden die beiden gemeinsam verehrt.
Das bedeutet aber nicht, dass sie beide zusammen in Rom gewesen wären und dass beide dort hingerichtet worden seien.

Petrus war nach Jesu Tod in Jerusalem. Ab 44 war Petrus zumindest zeitweise in Antiochia. Nach dem Apostelkonzil im Jahr 48 scheint er Jerusalem endgültig verlassen zu haben. Wie lange er in Antiochia war, wissen wir nicht. 56 war er jedenfalls nicht mehr in Jerusalem. Wir wissen von da an eigentlich gar nichts mehr von ihm.

In der Zeit des römischen Kaisers Neros gab es einen großen Stadtbrand in Rom. Man behauptete später, Nero sei dafür verantwortlich gewesen. Das ist inzwischen unter Historikern zweifelhaft.
Bei so einem schrecklichen Ereignis suchen bestimmte Menschen gerne Sündenböcke, denen man die Schuld dafür in die Schuhe schieben kann. Kaiser Nero jedenfalls hat diesmal die exzentrischen Christen als Opfer ausgeguckt. Es gab bestialische Hinrichtungen. Dabei wurden viele Christen getötet - und falls er tatsächlich in Rom war, wohl auch Petrus.

Weitere Infos über Petrus in Wikipedia.

Die Petrusbriefe

Im Neuen Testament gibt es einen Ersten und einen Zweiten Petrusbrief.
Der Text des Ersten Petrusbriefs wurde in im 2. Jahrhundert immer als authentisch angesehen. Heute bezweifelt die Mehrheit der Forscher, dass Petrus der Verfasser gewesen sei. Jene, die den Brief für echt halten, datieren ihn um das Jahr 60. Die anderen bevorzugen die Jahre um 90.
Da der Brief weitgehend Aussagen des Römerbriefs in Kurzform bringt, gehe ich hier auf den Inhalt nicht näher ein. Zwischen Petrus und Paulus gab es nur wenige theologische Differenzen.
Auffällig im Ersten Petrusbrief sind Formulierung über die Priesterschaft der Gläubigen, welche für die evangelische Theologie von Bedeutung ist. Auch das Wort vom Stein, den die Bauleute verworfen haben, und der zum Eckstein geworden ist, taucht hier auf. (1Pet2,4-10)

Am Ende des Briefes steht ein Gruß Es grüßt euch die mitauserwählte Gemeinde in Babylon und Markus, mein Sohn. (1Pet5,13 in Einheitsübersetzung)
(Anmerkung: In der Vulgata steht für 1Pet5,13: "salutat vos quae est in Babylone cumelecta et Marcus filius meus". Damit ist die Übersetzung in "Hoffnung für alle" nicht richtig.)
Dieser Abschiedsgruß führte zur Bildung von beliebten Legenden. So wird aus "Babylon" gerne das heidnische Rom gemacht. Markus wird als Sohn des Petrus wahrgenommen und mit dem Evangelisten Markus bzw. dem Johannes Markus aus der Apostelgeschichte (Apg12,12) gleichgesetzt.

Eusebius von Caesarea bestätigt diese Auslegung in seiner Kirchengeschichte aus der Zeit um 290. (2.Buch,Kap15)


Der Text des Zweiten Petrusbriefs gilt als nicht authentisch. Selbst Eusebius von Caesarea bezweifelte die Urheberschaft des Petrus. (3.Buch,Kap3)
Im Brief wird vor Irrlehrern gewarnt, die im 2. Jahrhundert für Streit sorgten. Außerdem wird am Ende des 1. Jahrhunderts die Frage nach der Wiederkunft Jesu dringend. Die Christen mussten beschwichtigt werden. Deshalb geht der 2. Petrusbrief auch auf das Thema ein. (2Pet3,3-8)
Der Brief ist also in einer Zeit entstanden, die mit der Zeit des 2. Thessalonicherbrief des Paulus zu vergleichen ist - schätzungsweise nach 110.

Apokryphen über Petrus

Diese Apokryphen wurden schon von Eusebius von Caesarea als unecht eingestuft. (3.Buch,Kap3) Sie sind nicht im Kanon des Neuen Testaments enthalten. Auch wurden sie alle nicht von Petrus verfasst.

Im einzelnen sind dies
Wir haben hier eine etwas ausufernde Legendensammlung vor uns. Obwohl einige Kleriker gerne darauf zurückgreifen, ist ihr historischer Gehalt wertlos. Die Legende der Kreuzigung des Petrus mit dem Kopf nach unten stammt z.B. aus den Petrusakten.

Aufbau einer kirchlichen Rangordnung

In späteren Jahren führten viele Patriarchate, etwa die von Alexandria, Antiochia am Orontes, Rom, Jerusalem und Konstantinopel ihre Gründung auf Petrus zurück. Sie beanspruchten ihn als ersten Bischof der Gemeinde, und sie wollten so ihren Rang im Wettstreit um die kirchliche Führung erhöhen.

Dass Petrus einer der Leiter der christlichen Gemeinde in Antiochia am Orontes gewesen ist, lässt sich aus der Apostelgeschichte und aus dem Galaterbrief des Paulus noch erschließen.
Die Angabe, dass Petrus nach Rom gekommen sei, ist aus der Bibel nicht mehr ersichtlich. Und sie ist umstritten. Dass Petrus und Paulus nach Rom gekommen seien und dort gefoltert wurden, erfahren wir von Eusebius von Caesarea in dessen Kirchengeschichte, 3.Buch,Kap1. Eusebius übernahm die Angaben aus einer Schrift des Kirchenvaters Origines, die aber verloren ist.
Interessant ist auch, dass Eusebius einen Linus, nicht Petrus, als ersten Bischof von Rom angibt. (3.Buch,Kap2) Das Bischofsamt entstand also nach dem Tod des Apostels.
Dass Petrus die Gemeinde in Rom sicherlich nicht gegründet hat, erkennt man daran, dass Paulus in Korinth Judenchristen traf, die Rom wegen eines Ediktes des Kaisers Claudius verlassen mussten. (Apg18,2) Das war zeitlich vor dem Apostelkonzil, und da war Petrus noch in Jerusalem oder Antiochia. (Siehe Zeitangaben zu Paulus. )

Fast alle Autoren, die Petrus in Rom verorten, beziehen sich in ihren Berichten auf Papias von Hierapolis. Dessen belegender Text ist jedoch auch verloren.
Papias weist uns aber darauf hin, dass Johannes Markus der Dolmetscher des Petrus war. Wer also meint, dass Petrus nach dem Pfingstereignis plötzlich griechisch und lateinisch sprechen konnte, hat einen zu tiefen Glauben. Die Sprachbarriere begrenzte das Missionsgebiet der Apostel.
Einige recht zweifelhafte Autoren ziehen noch andere Quellen herbei. Sie sehen dabei schon die gemeinsame Nennung der Namen des Petrus und des Paulus für einen Beweis an, dass Petrus Bischof von Rom gewesen sei, und dass er dort getötet worden sei. Sie nennen dann beispielsweise den 1. Clemens-Brief, Kapitel 5 (1Cle5) und den Brief des Ignatius von Antiochia an die Römer, Kapitel 4 (4Ign4).

Jedenfalls sind die Angaben, dass Petrus in Rom mit dem Kopf nach unten gekreuzigt worden sei, und dass Paulus bei der Christenverfolgung durch Nero in Rom "gemartert" worden sei, um das Jahr 290 in der Kirchengeschichte des Eusebius festgehalten. (3.Buch,Kap1)
Offensichtlich hat sich diese Auffassung bis dahin durchgesetzt und wurde auch allgemein angenommen.

Die Auffassung war bei einigen Kirchenleuten so beliebt, dass sie zu deren Untermauerung sogar vor Geschichtsfälschungen nicht zurückschreckten. Nach Angaben des Kirchenvaters Hieronymus soll Petrus um das Jahr 40 sogar die Gemeinde in Rom gegründet und als erster Bischof geleitet haben. Hieronymus widerspricht damit sogar der Apostelgeschichte, nach der Petrus mindestens bis zum Apostelkonzil (um 48) ein Leiter der Jerusalemer Gemeinde war, und danach in Antiochia am Orontes tätig war.


Das monarchische Bischofsamt entstand nach 100. Zu dieser Zeit waren alle, die Jesus noch direkt kannten, verstorben. Gleichzeitig gab es wilde Streitereien unter den Gemeindemitgliedern wegen verschiedener Ansichten über das Christentum. Deshalb ist es naheliegend, dass eine Orientierungshilfe geschaffen wurde, die all zu ausufernde Diskussionen eindämmen (oder zensieren) sollte. Wahrscheinlich wurde deshalb das Bischofsamt geschaffen.
Die Bischöfe wurden in den Gemeinden nicht immer gerne angenommen. (Siehe Brief des Ignatius von Antiochia an die Magnesier, insbesondere dort Kapitel 6. Weitere Info in Wikipedia)
Leider wurden daraufhin die Streitereien auf Bischofsebene weiter geführt. (Siehe Der Krieg der Hirten)
Das Bischofsamt setzte sich parallel zur Kanonbildung des NT bis 400 allmählich durch und prägte die orthodoxe und spätere katholische Staatskirche. Es reagierte auf das Wachstum des Christentums und übernahm römische Verwaltungsstrukturen.


Der spätere Rangstreit der Bischöfe ist mit der Lehre von Jesus überhaupt nicht zu vereinbaren. Evangelientexte zum Rangstreit der Jünger (etwa Mk10,35-45) lehnen eine Führungsbefugnis für einzelne der von Jesus Berufenen ab und kritisieren den Wunsch danach als Verleugnung der Selbsthingabe Jesu.
Deshalb war eine Führungshierarchie den Urchristen der ersten Generation unbekannt und widersprach ihrem Selbstverständnis. Alle Christen waren gemäß Jesu Gebot des gemeinsamen Dienens ohne Rangordnung gleichermaßen die "Heiligen". (Röm15,25-28)
Zwar hatten die Zeugen der Ostererscheinung Jesu die unumstrittene Autorität (1Kor15,3-11) als Missionare. Doch nicht sie, sondern Gemeindesynoden trafen Entscheidungen für alle. (Apg15,23-31 oder Apg1,21-26).


Petrus war zwar der Erste der Apostel. Er hat viel missioniert und kam, zumindest in der damaligen römischen Provinz Syrien, viel herum.
Petrus hat aber die Christengemeinde in Rom nicht gegründet. Er war auch nicht Bischof dort. Ob er überhaupt einmal dort war, ist fraglich.

Weitere Hintergrundinformationen dazu in Wikipedia.

Literatur

Gerd Lüdemann: Die ersten drei Jahre Christentum. Springe 2009.

Gerd Lüdemann: Paulus, der Gründer des Christentums. Springe 2001/2014.

Gerd Lüdemann: Jesus nach 2000 Jahren. Lüneburg 2000.

Günther Bornkamp: Paulus. Stuttgart 1983.

Hoffnung für Alle. Das Neue Testament. Basel 1989.

Die Bibel. Nach der deutschen Übersetzung Martin Luthers.

Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea.

Erster Clemensbrief.

Die sieben Briefe des Ignatius von Antiochia.

Katechismus der Katholischen Kirche

Lumen Gentium (LG) (Licht der Völker), Dogmatische Konstitution über die Kirche


Mehrere Zitate habe ich aus Wikipedia oder www.bibleserver.com wörtlich übernommen.

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